ETHA-Journalistinnen bleiben in Haft

In Istanbul hat der Prozess gegen die ETHA-Redakteurinnen Pınar Gayıp und Semiha Şahin begonnen. Die Journalistinnen und zwei Mitangeklagte bleiben weiter in Haft. Die Verhandlung wurde auf Dezember vertagt.

Gestern hat in Istanbul der Prozess gegen zwei Redakteurinnen der Nachrichtenagentur ETHA und zwei weitere Mitangeklagte begonnen. Vor Verhandlungsbeginn fand vor dem Gerichtsgebäude in Çağlayan eine Kundgebung statt, an der unter anderem Ahmet Şık und Saruhan Oluç, beide Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP), teilnahmen.

Die ETHA-Korrespondentin Ebru Yiğit erklärte vor dem Gerichtsgebäude, die Regierung versuche eine einstimmige Medienwelt aufzubauen, indem sie andere Stimmen zum Verstummen bringe, Journalistinnen und Journalisten einsperre, die die Wahrheit berichteten, oder für ihre Entlassung sorge. In der Türkei befinden sich laut Ebru Yiğit 183 Journalisten im Gefängnis, weil sie die Wahrheit geschrieben und öffentlich gemacht haben: „Wir wissen, dass niemand frei ist, wenn die Medien nicht frei sind. Wir fordern die Freilassung unserer Redakteurin Semiha Şahin, unserer Korrespondentin Pınar Gayıp und aller gefangenen Journalistinnen und Journalisten. In dieser Woche finden außerdem Prozesse statt gegen die Mitarbeiter der Zeitung Özgürlükçü Demokrasi und gegen Seda Taşkın, Korrespondentin der Nachrichtenagentur Mezopotamya Ajansı (MA), wir fordern auch ihre Freilassung.“

„Wir stehen hinter unserer Berichterstattung“

Im Prozess gab Pınar Gayıp eine Erklärung ab, in der sie auf den Beruf des Journalismus einging: „Überall auf der Welt werden Journalistinnen und Journalisten vor die Alternative gestellt, entweder das zu veröffentlichen, was die Herrschenden sehen und hören wollen, oder sich auf die Seite der Unterdrückten zu stellen und sie mit Informationen zu versorgen. Dann stehst du in der Tradition der freien Medien. Große Vertreter dieser Tradition wie Musa Anter, Metin Göktepe und Hrant Dink sind ermordet worden. Sie sind mit dem Ideal aufgebrochen, nicht von der Wahrheit abzuweichen, und diesem Ideal sind sie immer gefolgt. Ich denke voller Achtung an sie, sie haben uns mit ihren eigenen Schritten den Weg gewiesen.“

Der Antrag der Verteidigung auf Aufhebung der Haftbefehle aller vier Angeklagten wurde abgewiesen. Die Verhandlung wurde auf den 5. Dezember vertagt.