Erdoğan fordert Auslieferung von kritischem Journalisten

Wegen Spionage, Verrat von Staatsgeheimnissen und Propaganda verlangt der türkische Regierungschef Erdoğan die Ausweisung des Journalisten Can Dündar. Dieser war wegen eines Berichts über Waffenlieferungen des MIT an Dschihadisten verurteilt worden.

Der türkische Staatspräsident Erdoğan fordert von der Bundesrepublik die Auslieferung von mehreren Personen, denen er eine Verwicklung in den Putschversuch 2016 vorwirft. In Deutschland lebten hunderte Anhänger der Gülen-Bewegung, so Erdoğan. Die Bewegung des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen wird von der türkischen Regierung für den versuchten Putsch vom 15. Juli 2016 verantwortlich gemacht.

Auf einer Liste, von der es heißt, sie sei auf der Grundlage von illegalen MIT-Aktivitäten in Deutschland entstanden, befinden sich die Namen, Telefonnummern und persönlichen Daten von 69 angeblichen Gülen-Anhängern und Oppositionellen, die an die Türkei ausgeliefert werden sollen. Wie Erdoğan heute persönlich bestätigte, hat Ankara auch ein Auslieferungsersuchen für den kritischen Journalisten Can Dündar gestellt. Der seit zwei Jahren im Berliner Exil lebende Dündar wurde in der Türkei wegen Spionage, Verrat von Staatsgeheimnissen und Propaganda verurteilt, nachdem er über verdeckte Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes MIT an Islamisten in Syrien berichtet hatte.

Dündar nimmt nicht an Pressekonferenz teil

Trotz einer Akkreditierung auf eine Teilnahme an der Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Erdoğan hat Dündar heute darauf verzichtet, an der Konferenz teilzunehmen. Die Türkei hatte zuvor gedroht, die Pressekonferenz platzen zu lassen, sollte Dündar anwesend sein. Dieser hatte im Vorfeld angekündigt, Erdoğan mit Fragen zu inhaftierten Kolleginnen und Kollegen zu konfrontieren, sich jedoch umentschieden. Der Journalist erklärte, er wolle nicht zulassen, dass die Pressekonferenz wegen seiner Person abgesagt wird und kritische Fragen von Kollegen nicht möglich sind.

Erdogan not welcome

Heute Abend findet im Schloss Bellevue ein Staatsbankett statt, während vor dem Schloss die Proteste unter dem Motto, „Erdogan not welcome“ ihren Höhepunkt erreichen werden. Die Demonstration, zu der mehr als 138 Organisationen aufgerufen haben, beginnt um 16 Uhr am Potsdamer Platz.