Drei Journalist:innen in Şengal festgenommen

Das irakische Militär hat drei Journalist:innen festgenommen, die in Şengal die zunehmenden Militärbewegungen beobachtet haben. Ihre Ausrüstung wurde beschlagnahmt, ihr Aufenthalt ist unbekannt.

In Şengal sind drei Journalist:innen von irakischen Militärs festgenommen worden. Xelîl Şengalî, ein Mitarbeiter von Radyo Çira, sowie die Korrespondentin Emîra Simoqî und der Moderator Hesunî Xanesorî von Çira TV haben vor ihrer Festnahme die zunehmenden irakischen Militärbewegungen in dem ezidischen Hauptsiedlungsgebiet im Nordirak beobachtet. Ihre Kameraausrüstung wurde beschlagnahmt. Wohin die drei Journalist:innen gebracht wurden, ist unbekannt.

In der Region ist in den letzten Tagen die Truppenpräsenz der irakischen Armee erhöht worden. Die autonomen Sicherheitskräfte (Asayîşa Êzdîxan) in der Kleinstadt Sinunê wurden vom Militär aufgefordert, ihre Stellungen zu verlassen. Das wurde von den nach dem IS-Genozid von 2014 in Eigenregie von der Bevölkerung aufgebauten Sicherheitskräften abgelehnt. Die Anspannungen in dem Gebiet dauern an.

Militärische Eskalation befürchtet

Die Autonomieleitung von Şengal befürchtet angesichts der Verlegung großer Truppenkontingente irakischer Streitkräfte in ezidisches Kerngebiet eine militärische Eskalation. Es bestehe Grund zur Annahme, dass die massiven Militärbewegungen in der Region dazu genutzt werden sollen, Provokationen herauszufordern und bestehende Spannungen weiter zu verschärfen, heißt es in einer Stellungnahme des Gremiums. „Es ist kein Grund ersichtlich, warum Iraks Premierminister Mustafa al-Kadhimi unter dem Vorwand von Sicherheitsgründen seine Militäreinheiten in Şengal zusammenziehen lässt. Hunderte Militärfahrzeuge patrouillieren in Şengal. Wir betrachten diese Aktion als Drohgebärde, die inakzeptabel ist.“

Laut der Autonomieleitung verortet sich die militärische Mobilisierung irakischer Truppen in Şengal in der Absicht, die scharf kritisierte und über die Köpfe der ezidischen Bevölkerung hinweg getroffene Vereinbarung zwischen Bagdad und Hewlêr (Erbil) durchzusetzen. Die südkurdische Regional- und die irakische Zentralregierung hatten sich im Oktober 2020 nach monatelangen Verhandlungen darauf verständigt, das sogenannte Şengal-Abkommen zu unterzeichnen. Der Vertrag besteht aus einer Reihe von sicherheitspolitischen und verwaltungstechnischen Maßnahmen und legt Verantwortlichkeitsbereiche der Behörden fest. Die Autonomieleitung Şengals und der Großteil der betroffenen Bevölkerung stehen dem Vertrag skeptisch gegenüber: Denn die unter dem Eindruck des IS-Genozids von 2014 in Şengal gebildete Autonomieleitung, die das Gebiet seitdem verwaltet, wurde während des Verfahrens nicht einmal konsultiert und saß demzufolge nicht am Verhandlungstisch. Das Abkommen wird daher als ein Versuch beider Regierungen angesehen, die Kontrolle über Region zu übernehmen und dem ezidischen Volk eigene politische und administrative Rechte zu verweigern.