Bei ihrer 881. Mahnwache gegen das „Verschwindenlassen“ in Gewahrsam hat die Initiative der Samstagsmütter Gerechtigkeit für Maksut Tepeli gefordert. Der Kurde war keine 28 Jahre alt, als er nach seiner Festnahme am 2. Februar 1984 von der politischen Polizei in Istanbul verschwunden gelassen wurde. Obwohl der Ort, an dem seine Gebeine verscharrt wurden, bekannt ist, verweigert der Staat die Herausgabe. Seine Angehörigen geben ihren Kampf dennoch nicht auf. „Wir kennen die Mörder von Maksut Tepeli und wissen, wo er begraben ist. Gebt uns seine Knochen und bestraft die Täter“, fordern sie.
Maksut Tepeli wurde 1956 in Gimgim bei Mûş geboren und war Lehrer. Er hatte in Mêrdîn und Ezîrgan unterrichtet und war zusammen mit seiner Frau Şehriban, die ebenfalls Lehrerin war, in der linksdemokratischen Bildungsgewerkschaft TÖB-DER organisiert. Anfang 1980 kam das Paar für fünf Monate in Untersuchungshaft, nach der Entlassung ließ es sich in Istanbul nieder. Doch als sich das Militär im September desselben Jahres an die Macht putschte, landeten die Namen von Maksut und Şehriban Tepeli auf einer „Feindesliste“ des Regimes. Sie tauchten unter und verbrachten einige Jahre in der Anonymität – bis zum 2. Februar 1984.
An diesem Tag befand Maksut Tepeli sich auf dem Weg zur Wohnung eines Freundes im Istanbuler Stadtteil Küçükbakkalköy. Als er feststellte, dass die Tür aufgebrochen war, versuchte er zu flüchten und wurde angeschossen – die Polizei hatte die Wohnung schon länger observiert und sich am Tag des Übergriffs dort einquartiert. Trotz hohem Blutverlust wurde Maksut Tepeli in eine Decke gewickelt zur politischen Polizei in Gayrettepe gebracht. Nach Angaben von drei im Zuge derselben Operation festgenommenen Zeugen wurde er von der Polizei so stark gefoltert, dass er am 5. Februar ins Koma fiel und ins Militärkrankenhaus Haydarpaşa eingeliefert wurde. Seitdem galt er als verschwunden. Die Behörden verleugneten, dass Tepeli jemals festgenommen wurde.
Şehriban Tepeli bei der 686. Mahnwache der Samstagsmütter im Mai 2018
Neunzehn Jahre später erfuhr die zwischenzeitlich nach Jahren des Exils in die Türkei zurückgekehrte Şehriban Tepeli durch Zufall, dass ihr Ehemann von den Behörden als „verstorben“ in das Familienregister eingetragen worden war. Als Todestag ist der 6. Februar 1984 angegeben. Etliche Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft und intensive Recherchen des Menschenrechtsvereins IHD ergaben 2006, dass Maksut Tepeli tatsächlich am 6. Februar 1984 an den Folgen seiner schweren Verletzungen im Krankenhaus gestorben war und auf dem Friedhof Helvacıdede anonym begraben wurde. Der IHD konnte auch die Identität seiner Folterer ausmachen. Doch ein gerichtliches Verfahren gegen die an der Festnahme und dem Verhör beteiligten Polizisten Rahmi Kaya, Servet Bozkurt, Hasip Dönmez, Zafer Elemen, Şeyhmuz Altın, İlhami Öztürk und Hikmet Taşdelen hat nicht stattgefunden. Nachdem alle rechtlichen Möglichkeiten in der Türkei ausgeschöpft waren, haben Anwälte den Fall 2017 vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gebracht. Der Prozess ist immer noch anhängig.