Samstagsmütter fragen nach Abdurrahim Demir

Der Kurde Abdurrahim Demir hatte gerade seinen Wehrdienst beendet und machte Heiratspläne, als er im August 1995 in Mêrdîn von der Gendarmerie festgenommen wurde. Seitdem gilt er als verschwunden.

Nach Festnahme verschwunden

Die Samstagsmütter haben auf dem Galatasaray-Platz in Istanbul Aufklärung über das Schicksal ihrer in staatlichem Gewahrsam verschwundenen Angehörigen und eine Bestrafung der Täter gefordert. Thema der 1012. Mahnwache der Initiative war der Fall von Abdurrahim Demir, der vor 29 Jahren festgenommen wurde und danach nie wieder auftauchte. Die Aktivistin Ayşe Tepe stellte die Geschichte vor.

Abdurrahim Demir lebte in der bei Mêrdîn gelegenen Kreisstadt Mehsert (tr. Ömerli). Im Sommer 1995 hatte er seinen Wehrdienst bei der türkischen Armee beendet und war gerade wieder zurück in Mehsert, als er eine Fahrkarte für eine Reise nach Adana kaufte. In der Provinz in der Çukurova wollte er Verwandte besuchen und Hochzeitspläne mit einer jungen Frau machen, die er zuvor kennengelernt hatte.

Die 1995 gegründete Initiative der Samstagsmütter nennt sich inzwischen auch Samstagsmenschen © MA

Am 17. August 1995 nahm Abdurrahim Demir in der Provinzhauptstadt Mêrdîn den Bus nach Adana. An einem Checkpoint im Kreis Qoser (Kızıltepe) wurde das Fahrzeug angehalten. Das Militär führte Personenkontrollen durch; Demir war die einzige Person, die aus dem Bus geholt und in Gewahrsam genommen wurde. Zeugen gaben später an, dass er auf die Gendarmerie-Wache Şavalet gebracht worden sei. Die Armee leugnete die Festnahme und Justizbehörden zeigten kein Interesse daran, das Schicksal des Kurden aufzuklären.

„Dass es bis heute tausende Fälle wie den von Abdurrahim Demir gibt, resultiert aus der staatlichen Politik der Straffreiheit“, kritisierte Ayşe Tepe. Die Aktivistin der Samstagsmütter ist selbst Angehörige eines in staatlichem Gewahrsam ermordeten Menschen. Ihr Bruder Ferhat Tepe arbeitete für die Zeitung Özgür Gündem und wurde 1993 von der türkischen Konterguerilla verschleppt und zu Tode gefoltert. 2003 verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei aufgrund der mangelhaften strafrechtlichen Untersuchungen im Fall Tepe und sprach seinen Angehörigen Entschädigungszahlungen zu.

Nach der Mahnwache wurden rote Nelken für Abdurrahim Demir auf den abgesperrten Platz des Menschenrechtsdenkmals in der Istanbuler Innenstadt geworfen © MA

Auch hinsichtlich des Schicksals von Abdurrahim Demir geht man davon aus, dass er von staatlichen Kräften getötet wurde. Nur in den wenigsten Fällen des Verschwindenlassens seien die Täter oder Auftraggeber zur Rechenschaft gezogen worden. „Allgemein gilt in diesem Land, die Mörder des Staates zu schützen. Die Häufigkeit und Ausdehnung der für sie gewährten Straffreiheit führt dazu, dass Gesetze für Täter keine abschreckende Wirkung haben“, kritisierte Ayşe Tepe. Und selbst wenn sie zur Anwendung kämen, würden Gerichte in der Regel nur symbolische Strafen verhängen, die ohnehin nicht abgesessen werden müssten. „Unser Kampf gegen diese Strategie aus Verleugnung und Straffreiheit und für Wahrheit und Gerechtigkeit für alle Verschwunden wird dennoch weitergehen.“