Kurdischer Aktivist von Münchner Polizei misshandelt
Der Aktivist Yüksel T., dessen Abschiebung nach Bulgarien am Mittwoch verhindert wurde, ist von der Polizei misshandelt worden.
Der Aktivist Yüksel T., dessen Abschiebung nach Bulgarien am Mittwoch verhindert wurde, ist von der Polizei misshandelt worden.
Der kurdische Aktivist Yüksel T., dessen Abschiebung nach Sofia vergangene Woche verhindert wurde, ist von der Polizei misshandelt worden. Das teilte das Nürnberger Bündnis für Frieden in Kurdistan mit. Yüksel T. sollte am Mittwoch als sogenannter Dublin-Fall nach Bulgarien abgeschoben werden, wo er erstmals als Asylbewerber registriert worden war. Er leistete passiven Widerstand. Was dann in den nicht öffentlich zugänglichen Räumen der Bundespolizei am Münchner Flughafen geschah, beschreibt der Aktivist in einem vorliegenden Gedächtnisprotokoll folgendermaßen:
„Daraufhin wurde ich auf den Boden gelegt und mir wurden hinter dem Rücken die Hände verbunden. Sie drückten mich mit den Füßen auf den Boden, so dass ich kaum noch atmen konnte. Während ich auf dem Rücken lag, traten mich die Polizisten mehrmals. Später wurde ich in ein anderes Zimmer gebracht, in dem es vermutlich keine Kameras gab. Dort wurde ich erneut auf den Boden gelegt und mindestens dreimal getreten. Ich sagte, dass sie mich so behandelten wie die türkischen Polizisten, dass ich keinen Unterschied zwischen der Misshandlung durch türkische und deutsche Polizei erkennen könne. Sie sagten: Nein, wir sind nicht die türkische Polizei, wir sind die deutsche Polizei. Außerdem rief ich die Parole ‚Faschist Erdoğan!‘ Die Polizisten, die mich nach München brachten, fragten mich später, ob ich Widerstand leisten werde, wenn sie mich zurück nach Eichstätt bringen. Ich verneinte die Frage und wir fuhren zurück nach Eichstätt.“
Polizei: Nur fixiert und gefesselt
Im dazugehörigen Polizeibericht heißt es, dass Yüksel T. „lediglich mittels einfachem unmittelbarem Zwang fixiert und gefesselt” wurde. Gegen die Polizisten, die den Aktivisten misshandelt haben, wurde bereits Strafanzeige gestellt. Yüksel T. befindet sich seit Mittwoch wieder in der Eichstätter Abschiebeanstalt. Ob schon ein neuer Termin für einen weiteren Rückschiebungsversuch nach Bulgarien ansteht, ist nicht bekannt.
Widerstand ist nachvollziehbar
Das Nürnberger Bündnis hat die Behandlung des Aktivisten verurteilt. Die bayerische Polizei verstöße eklatant gegen die Würde von Schutzsuchenden, heißt es in einer Stellungnahme. Yüksel T. habe aus nachvollziehbaren Gründen passiven Widerstand geleistet. Seine Vergleiche mit der türkischen Polizei könne man verstehen und teile sie. Vor der Bundesregierung fordert das Bündnis, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anzuweisen, das Selbsteintrittsrecht für Yüksel T. und den ebenfalls in Eichstätt inhaftierten kurdischen Aktivisten Ramazan A. wahrzunehmen. Das Selbsteintrittsrecht sieht vor, dass ein EU-Mitgliedstaat Asylverfahren an sich ziehen kann, für die er eigentlich nicht zuständig ist. Das wird derzeit auch mit einer Petition gefordert: Selbsteintritt des BAMF für kurdische Flüchtlinge Ramazan A. und Yüksel T. aus der Türkei
Im Fall einer Ausweisung nach Bulgarien droht beiden Aktivisten eine völkerrechtswidrige Zurückweisung in die Türkei. Dort werden sie vermutlich zu hohen Haftstrafen verurteilt. Yüksel T. hat in der Türkei bereits fast eineinhalb Jahre in Untersuchungshaft gesessen. Vor vier Jahren war er in eine Auseinandersetzung mit faschistischen Studenten an der Sütcü-Imam-Universität in Maraş verwickelt. Dabei wurde er so schwer verletzt, dass er drei Wochen im Koma lag. Noch heute leidet er unter gesundheitlichen Einschränkungen. Wegen der Auseinandersetzung wurde sein Studium aberkannt und er zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Er konnte fliehen, bevor das Urteil rechtskräftig wurde.