Die in Iran inhaftierten Todeskandidaten Pejman Fatehi, Wafa Azarbar, Mohammad Faramarzi und Mohsen Mazloum werden womöglich schon in den nächsten Stunden exekutiert. Wie das Kurdistan Human Rights Network (KHRN) von Angehörigen erfuhr, wurden die vier Gefangenen am Sonntag für die Vollstreckung der Todesstrafe in das Ghezel-Hezar-Gefängnis in der westlich von Teheran gelegenen Stadt Karadsch gebracht. Zuvor habe im berüchtigten Evin-Gefängnis in Irans Hauptstadt ein letztes Treffen der Gefangenen mit ihren Familien stattgefunden. Damit ist nun auch bekannt, wo sie seit ihrem gewaltsamen Verschwindenlassen vor eineinhalb Jahren festgehalten wurden.
In Ûrmiye festgenommen
Pejman Fatehi, Wafa Azarbar, Mohammad Faramarzi und Mohsen Mazloum sind Kurden und politische Aktivisten der Partei Komala (Komełey Şorrişgêrrî Zehmetkêşanî Kurdistanî Êran). Im Juli 2022 wurden sie in der kurdischen Stadt Ûrmiye (Urmia) von Beamten des iranischen Geheimdienstministeriums festgenommen und an einem unbekannten Ort inhaftiert. Die Anschuldigungen, sie hätten Spionage für Israel betrieben und einen Bombenanschlag in der zentraliranischen Stadt Isfahan geplant, wurden von der Komala als falsch und unbegründet zurückgewiesen. Die Aktivisten seien bei der Durchführung organisatorischer und politischer Aktivitäten festgenommen worden und zu keinem Zeitpunkt im Besitz von Waffen oder Sprengstoff gewesen.
Keine Beweise, nur unter Folter erzwungene „Geständnisse“
Die iranischen Behörden und die Regime-Justiz legten ohnehin keine Beweise vor. Stattdessen wurden im iranischen Staatsfernsehen vermeintliche Geständnisse der vier Männer aus Mehabad, Kamyaran, Bokan und Dehgûlan ausgestrahlt, die Menschenrechtsorganisationen zufolge unter schwerer Folter erzwungen wurden. Der Anwalt der vier Komala-Aktivisten, Masoud Shamsnejad, wurde vom Gericht nicht zugelassen, die Einsicht in die Akte wurde ihm verweigert. Wegen „Kriegsführung gegen Gott“, „Spionage zugunsten Israels“ und der „Planung terroristischer Handlungen“ wurden Pejman Fatehi, Wafa Azarbar, Mohammad Faramarzi und Mohsen Mazloum, die alle Ende zwanzig sind, im vergangenen Jahr schließlich zum Tode verurteilt. Anfang Januar bestätigte Irans Oberster Gerichtshof die Urteile und lehnte eine Berufung ab.
Vergeblicher Kampf gegen Todesurteile
Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, darunter auch Amnesty International, hatten sich dem Fall der vier Komala-Aktivisten angenommen und Kampagnen gegen die Vollstreckung der Todesurteile initiiert. Auch wurde immer wieder angeprangert, dass Initiativen von Angehörigen für Hinweise zum Verbleib der Gefangenen mit staatlicher Repression beantwortet worden seien. Nach ihrem gewaltsamen Verschwindenlassen hatten die Familien der Komala-Aktivisten und der von ihnen beauftragte unabhängige Rechtsanwalt vergeblich versucht, über Nachforschungen in Haftanstalten und bei Gerichten herauszufinden, wo sich die Männer befinden. Die Behörden verweigerten jedoch die Herausgabe jeglicher Informationen. Zudem warnte das Geheimdienstministerium offenbar wiederholt die Angehörigen davor, weitere Ermittlungen zu den Vermissten anzustellen. Dies sei „sinnlos“, da sie ohnehin hingerichtet würden, habe es geheißen. Das erste Mal, dass die Familien etwas über die Todeskandidaten erfuhren, war am 12. Oktober 2022, als ihre erzwungenen „Geständnisse“ erstmals in einem Propagandavideo im staatlichen Fernsehen gesendet wurden.
Staatlich angeordnete Tötungen auf Achtjahreshoch
Die Hinrichtung von Pejman Fatehi, Wafa Azarbar, Mohammad Faramarzi und Mohsen Mazloum würde sich einreihen in eine Serie von Exekutionen, die seit Jahresbeginn in Iran vollstreckt werden. Laut Menschenrechtsorganisationen befindet sich die Zahl der staatlich angeordneten Tötungen auf einem Achtjahreshoch. Beinahe täglich werden Menschen in den Gefängnissen des islamistischen Regimes hingerichtet. Die letzten bekannten Exekutionen fanden am vergangenen Dienstag statt. Bei den Erhängten handelt es sich um Mohammad Ghobadlu, ein Teilnehmer der „Jin Jiyan Azadî“-Revolte, die im Herbst 2022 nach dem Tod der Kurdin Jina Mahsa Amini in Gewahrsam der Sittenwächter ausbrach, und Farhad Salimi, ein sunnitisch-kurdischer Geistlicher aus Seqiz, der bereits 14 Jahre in Gefangenschaft war, bevor sein Todesurteil vollstreckt wurde. Nach ihrer Hinrichtung kündigten 61 Insassinnen des berüchtigten Evin-Gefängnisses in Teheran einen Hungerstreik an. Die Frauen kämpfen mit ihrem Protest für einen Hinrichtungsstopp.