Die verschärfte Isolationshaft gegen den PKK-Gründer Abdullah Öcalan geht weiter. Seit dem Besuch seines Bruders Mehmet Öcalan im September 2016 gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm. Die Anwältin und Ko-Vorsitzende des Menschenrechtsvereins IHD, Eren Keskin, sprach mit ANF über die Isolationshaft Öcalans und den unbefristeten Hungerstreik der inhaftierten HDP-Abgeordneten Leyla Güven. Mit ihrer Aktion fordert die kurdische Politikerin, die seit Anfang des Jahres im Gefängnis ist, ein Ende der Isolation Abdullah Öcalans. Güven befindet sich seit 26 Tagen im Hungerstreik.
Eren Keskin war eine der zwölf Anwält*innen, die Öcalan nach seiner Verschleppung in die Türkei vertreten haben. Sie sagt: „Im Gefängnis von Imrali fand vom ersten Tag an eine systematische Isolation statt. Diese Isolation wurde kontinuierlich verschärft, besitzt aber keine juristische Grundlage. Während der Friedensgespräche wurde sie ein wenig gelockert, aber jetzt hat die Isolation sogar die Grenzen Imralis gesprengt.“
Die Entscheidungen zu Öcalan sind alle politisch
Keskin weiter: „Die Türkei will auf diese Weise Folter legitimieren. Herr Öcalan konnte seit langem weder seine Familie noch seine Anwälte treffen. Es handelt sich dabei um eine Methode der Spezialkriegsführung. Dies widerspricht dem Völkerrecht und den Menschenrechten. Wir als Menschenrechtsverteidiger akzeptieren diese Folter in keiner Weise.“
Zur Abweisung der Klage Öcalans durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sagt Keskin: „Wenn es um eine juristische Entscheidung geht, dann darf die Identität der Person keine Rolle spielen. Das Entscheidende ist zu schauen, ob es eine Rechtsverletzung gegeben hat oder nicht. Aber leider werden in den europäischen Staaten ebenso wie in der Türkei politische Entscheidungen gefällt. Die Entscheidung des EGMR ist nicht juristisch, sondern politisch. Isolationshaft für sich genommen ist bereits eine Foltermethode. Wenn sich der EGMR allein die Isolation vor Augen geführt hätte, dann hätte er die Klage nicht zurückweisen können.“
Wir möchten Leyla Güven nicht verlieren
Zum Hungerstreik der HDP-Abgeordneten Leyla Güven, die gleichzeitig auch Ko-Vorsitzende der zivilgesellschaftlichen Organisation DTK (Demokratischer Gesellschaftskongress) ist, sagt Keskin: „Als IHD sind wir gegen unbefristete Hungerstreiks, aber Gefangene wenden immer wieder solche Aktionsformen an, um ihre Ziele zu erreichen. Die Forderungen Güvens sind gerecht. Als Menschenrechtsverteidiger unterstützen wir Leyla Güven uneingeschränkt. Die demokratischen Organisationen sollten sich nicht gegen Güvens Aktion stellen und müssen mobilisieren. Wir haben bis heute viele Menschen verloren und wir wollen Leyla Güven nicht verlieren. Leyla Güven ist 55 Jahre alt und hat manche Krankheiten. Vor dem Streik hat sie zwei Mal die Woche Medikamente genommen. Mit Beginn des Streiks hat sie aufgehört, ihre Medikamente einzunehmen. Wir wollen zuallererst, dass Güven gesund und sicher ist.“
Güven: Niemand soll mich besuchen, um mich aufzufordern, meine Aktion zu beenden
Keskin erzählt von einem Besuch bei Güven: „Sie hat uns gesagt: ‚Gegen Öcalan wird schwere Isolationshaft praktiziert. Ich habe diese Aktion begonnen, um seine Isolation zu beenden. Es können wie früher schon Gespräche stattfinden und Wege zum Dialog gefunden werden. Auf diese Weise können der Krieg und die Kämpfe gestoppt werden. Ich will nichts für mich. Ich bin in den Hungerstreik getreten, um die Isolation auf Imrali und in den anderen Gefängnissen zu beenden. Ich hoffe, niemand besucht mich, um mich aufzufordern, meine Aktion zu beenden. Ich werde den Hungerstreik bis zur Erreichung des Ziels fortsetzen.‘“