Iran: Anwaltskammer Wan befürchtet „staatliche Hinrichtungswelle“

Die Rechtsanwaltskammer Wan warnt mit Blick auf die Repression gegen die „Jin Jiyan Azadî“-Revolution in Iran vor einer staatlichen Hinrichtungswelle. Solidarität der internationalen Gemeinschaft sei wichtig, entscheidend seien aber sofortige Maßnahmen.

Seit im September ein Volksaufstand in Ostkurdistan und Iran rund um den Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini ausgebrochen ist, versucht das iranische Regime die „Jin Jiyan Azadî“-Revolution brutal zu unterdrücken. Mindestens 522 Menschen wurden bei den bisherigen Protesten von Regimekräften getötet, fast 20.000 weitere sind verhaftet worden. Vier Demonstranten wurden bereits hingerichtet und auch weiteren droht der Tod durch den Strang.

Die Rechtsanwaltskammer in der nordkurdischen Provinz Wan (tr. Van) bezeichnete die Exekutionen am Montag als „kriminellen Akt“ und forderte das iranische Regime auf, alle Hinrichtungen im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten sofort stoppen. „Wir bekräftigen unsere unmissverständliche Ablehnung der Todesstrafe“, erklärte die Anwältin Jiyan Özkaplan vor dem türkisch-iranischen Grenzübergang Kapiköy/Razi. Es sei abscheulich, dass Menschen von „selbsternannten Stellvertretern Gottes“ aus dem Leben gerissen werden, um „Vergeltung für den Staat“ zu üben. Das Regime nutze Hinrichtungen, um die Bevölkerung einzuschüchtern und abweichende Meinungen zu unterdrücken.

An der Zusammenkunft beteiligten sich auch Mitglieder der Zweigstelle des Menschenrechtsvereins IHD, der Juristenvereinigung für Freiheit (ÖHD) und der Menschenrechtsstiftung TIHV. Özkaplan sprach mit Blick auf Warnungen von Menschenrechtsorganisationen von einer „staatlichen Hinrichtungswelle“, die möglicherweise unmittelbar bevorstehe. „Der herrschende Klerus klammert sich an seine Macht, indem er der Öffentlichkeit durch Hinrichtungen und gezielte Tötungen auf der Straße Angst und Schrecken einflößt und auf diese Weise die gesamte Gesellschaft ‚auf Erden Höllenqualen‘ aussetzt.“

Das „faschistische Regime“ zur Verantwortung ziehen

Deshalb sei es von entscheidender Bedeutung, dass die internationale Gemeinschaft nicht nur an der Seite der Revolutionsbewegung in Iran und Ostkurdistan steht, sondern auch sofortige Maßnahmen ergreift, um das „faschistische Regime“ zur Verantwortung zu ziehen, forderte Özkaplan. „Demokratie passiert nicht von alleine und dieses klerikalfaschistische Regime in Teheran wird sich ganz gewiss nicht plötzlich auf Recht und Gerechtigkeit besinnen und sein eigenes Machtstreben zurückstellen. Unser Aufruf richtet sich daher konkret an die Vereinten Nationen.“ Die UNO müsse mehr tun als nur eine Untersuchungskommission für die Gewalt gegen Protestierende einzurichten. „Die politische Führung der Islamischen Republik verstößt dieser Tage wie kein anderes Land in eklatanter Weise gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) und alle anderen Menschenrechtsabkommen. Dieser Umstand erfordert ein aktives und direktes Eingreifen.“