Das Kinderrechtebüro der Anwaltskammer Amed (tr. Diyarbakır) hat Anzeige gegen die örtliche Polizei und Staatsanwaltschaft gestellt. Die Vereinigung wirft den türkischen Behörden eine ganze Reihe an Verstößen vor: Verstoß gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit, unrechtmäßige Freiheitsentziehung, Folter sowie unmenschliche und erniedrigende Behandlung sowie Beschränkung der Versammlungsfreiheit. Opfer dieser Verstöße: Eine Erwachsene und ihre beiden fünfjährigen Zwillingstöchter.
Die Frau hatte am Samstag an der Newroz-Feier in der Kreisstadt Bismîl teilnehmen wollen. Sie selbst trug ein typisch kurdisches Kleid, ihre Töchter hatten Şal û Şepik an – eine traditionelle Kleidungskombination aus Pluderhose und Hemd, dazu ein Tuchgürtel in den Farben Grün, Rot und Gelb. Die Polizei fischte die Mutter und ihre Töchter zunächst aus der Einlasskontrolle, bevor die Kinder teilweise entkleidet wurden und über einen längeren Zeitraum in der Kälte stehen mussten. Im Anschluss wurden sie samt ihrer Mutter in Gewahrsam genommen und abgeführt.
„Das Recht zur vorläufigen Festnahme erkennbar schuldunfähiger Personen unter zwölf Jahren wird in der Gesetzgebung ganz klar verneint“, zeigt sich das Kinderrechtebüro der Anwaltskammer Amed entsetzt über den Umgang mit Zeynep B. und ihren Zwillingen. „Der Grund dafür ist, dass der Festnahmezweck, also die Eröffnung eines Strafverfahrens zu ermöglichen, auf diese Weise nicht erreicht werden kann.“ Dennoch sei genau das geschehen. An der Anzeige gegen Polizei und die zuständige Staatsanwaltschaft beteiligt sich neben dem Kinderrechtebüro auch die Anwaltskammer. „Wir sind entschlossen, den Weg durch alle Instanzen zu gehen, damit die Handelnden dieses groben und traumatischen Unrechts strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden“, erklärte das Büro.
„Ausdruck von Kurdenhass“
Der Vorfall hat bei kurdischen Nutzerinnen und Nutzern digitaler Netzwerke Entsetzen und Empörung ausgelöst. Bei Twitter und Co. gehen die Bilder der Zwillinge, deren Kleidung beschlagnahmt wurde viral. In zahlreichen Beiträgen ist von „Kurdenhass“ und „antikurdischem Rassismus“ zu lesen.