Unter den 298 an Newroz in Amed (tr. Diyarbakır) festgenommenen Personen befinden sich viele, die allein wegen des Tragens kurdischer Trachten in Gewahrsam genommen wurden. Viele von ihnen, unter ihnen auch Kinder, wurden zum Ziel von Polizeigewalt und Übergriffen. Rechtsanwalt Diyar Çetedir aus dem Vorstand der Anwaltskammer von Amed berichtet, dass sogar Minderjährige im Alter unter zwölf Jahren festgenommen wurden. Hauptgrund der Festnahmen seien die traditionellen Trachten, Şal und Şepik (dt. traditionelle Hose und Jacke) und Kleidung, die mit grün-gelb-roten Applikationen oder Schals versehen war.
Die Festgenommenen wurden zum Großteil zum Ziel von Polizeigewalt. Sie wurden in die Antiterrorabteilung der Polizeidirektion, die Abteilung für Organisierte Kriminalität und die Direktion für Straftaten Minderjähriger gebracht. In der Antiterrorabteilung der Polizei war aufgrund der vielen Festnahmen kein Platz mehr, daher wurden viele von ihnen bei Eiseskälte in einem unbeheizten Container im Hof der Wache festgehalten. Manche Familien waren gezwungen, Babys zum Stillen zur Polizeiwache zu bringen, da sich die Mütter in Gewahrsam befanden.
Die Verhöre begannen nach Mitternacht und ein Großteil der Vernehmungen fand ohne die Möglichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsbeistands statt. 60 Erwachsene und 42 der Minderjährigen wurden nach Mitternacht freigelassen. Weitere 32 Minderjährige wurden am nächsten Tag dem Haftrichter vorgeführt und anschließend entlassen. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wurden Minderjährigen Blutproben entnommen. Von den 298 festgenommenen Personen befinden sich 35 weiterhin im Gewahrsam.
Illegale Begründung, Folter und Misshandlung
Der Anwalt Diyar Çetedir sagt, die Feier sei legal gewesen und das Tragen von Trachten sei nicht verboten. Er führt aus: „Es ist schon eine Form der Misshandlung, wenn man sein legales Recht auf Versammlung und Demonstration gebraucht und deswegen festgenommen wird. Die Tatsache, dass Menschen bei ihrer Festnahme und im Gewahrsam Gewalt erfahren mussten, bedeutet, dass sich diese Politik noch verschlimmern und das Recht vollkommen an den Nagel gehängt werden wird.“ Çetedir weist daraufhin, dass ein Teil der Festgenommenen unter zwölf Jahren gewesen sei: „Artikel 15 im Kinderschutzgesetz besagt, dass Kinder unter 15 Jahren nicht festgenommen werden dürfen. Dennoch wurden diese Kinder in Gewahrsam genommen. Die Kinder wurden nicht verhört, sie wurden einen Tag festgehalten und dann wieder freigelassen. Offensichtlich waren die Kinder auch während ihrer Festnahme und in Folge Folter und Misshandlung ausgesetzt.“