Seit der Machtübertragung der Herrschaft in Afghanistan an die islamistischen Taliban werden nahezu 100 Prozent der Asylverfahren von afghanischen Staatsbürger:innen positiv beschieden. Dies ergibt die bereinigte Schutzquote, also die Quote der inhaltlichen Entscheidungen des BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), in Bezug auf Asylverfahren Schutzsuchender aus Afghanistan. Dennoch scheint das Bundesamt für Flucht und Migration zumindest die Abschiebung junger Männer in das islamistische Terrorregime in Betracht zu ziehen.
BAMF argumentiert für Ablehnung von jungen Männern
Nach Recherchen der Bundestagsabgeordneten Clara Anne Bünger (DIE LINKE) gibt es beim BAMF die Vorgabe, Verfahren junger Männer Afghanistan zurückzustellen. Das bedeutet, dass die aktuell hohe Anerkennungsquote sich vor allem auf Frauen, Kinder und Alte bezieht. Bereits vor der Machtübertragung an die Taliban hat die Bundesregierung wiederholt in hochumstrittenen Entscheidungen Abschiebungen junger Männer, teilweise schwer kranker, ins Kriegsgebiet nach Afghanistan durchgesetzt. Es besteht zu befürchten, dass in Bälde eine solche Entscheidungspraxis erneut umgesetzt werden soll. Die Entscheidungen des BAMF waren aber bereits vor den Taliban in großen Teilen als falsch von Gerichten korrigiert worden. So wurden 77,9 Prozent der Ablehnungen von afghanischen Schutzsuchenden in den ersten drei Quartalen des Jahres 2021 vor Gericht als rechtswidrig und fehlerhaft kassiert. Das BAMF zeigt sich jedoch juristisch resistent und scheint eine neue Welle von Ablehnungen junger Männer trotz Taliban-Herrschaft vorzubereiten. Darauf deuten Positionierungen des BAMF vor Gericht hin, in denen die Vertreter:innen der Behörde behaupten, für junge Männer bestehe bei der Rückkehr nach Afghanistan keine Gefahr. Sie könnten sich auf „Tagelöhnermärkten“ durchschlagen.
Bünger nahm diese Situation zum Anlass, die Bundesregierung zu befragen, „ob sie ernsthaft der Ansicht ist, dass junge Männer nach Afghanistan zurückgeschickt werden dürfen, trotz Rekorddürre, trotz Verfolgung durch die Taliban, trotz der beispiellosen humanitären Katastrophe in dem Land“.
Da die Bundesregierung keine substantielle Antwort lieferte und offenbar nur auf eingestufte Berichte zur Lage in Afghanistan verwies, reichte die Abgeordnete nun Beschwerde ein. Sie fordert von der Bundesregierung eine klare Aussage zur Entscheidungspraxis zu Afghanistan in Bezug auf „junge Männer“ und eine Begründung für ihre Haltung.