Aufnahme von Abschiebungen nach Afghanistan steht kurz bevor
Während die Corona-Pandemie eskaliert und in Afghanistan bitterer Winter herrscht, stehen Abschiebungen aus Deutschland in das Kriegsland kurz bevor.
Während die Corona-Pandemie eskaliert und in Afghanistan bitterer Winter herrscht, stehen Abschiebungen aus Deutschland in das Kriegsland kurz bevor.
Am Mittwoch soll eine Sammelabschiebung nach Afghanistan vom Flughafen Leipzig-Halle starten. Trotz steigender Kriegsopferzahlen sollen die Abschiebungen nach Afghanistan wieder aufgenommen werden. Studien zufolge haben nach Afghanistan abgeschobene Schutzsuchende keinerlei Perspektive und landen in vielen Fällen in der Obdachlosigkeit. Die Schutzsuchenden stehen mit 167 Euro Handgeld im afghanischen Winter in der Hauptstadt auf der Straße. Der nächste Weg führt sie in die Slums in den Vorstädten, da ihre Heimatorte wegen des Kriegs oft unerreichbar sind. Die Bundesregierung geht nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn vor“ und kann keine Auskünfte über das Schicksal der Betroffenen geben. Abgeschobene werden von der afghanischen Regierung diskriminiert und verfolgt. Für den Präsidenten Aschraf Ghani sind sie „Wirtschaftsasylanten“ und „Vaterlandsverräter“.
Erste Sammelabschiebung seit Pandemiebeginn
Der am Mittwoch geplante Flug wäre die erste Sammelabschiebung in das Kriegsland seit Beginn der Corona-Pandemie. Politiker*innen und NGOs kritisieren die Abschiebung scharf. So sagt der sächsische Diakonie-Chef Dietrich Bauer gegenüber der „Zeit“: „Wir appellieren dringlichst an die sächsische Regierung, alles zu tun, um diesen Abschiebungsflug zu stoppen.“ Vor allem für Europa-Rückkehrer sei es dort nachweislich lebensgefährlich. Aus seiner Sicht ist die Abschiebung menschenrechtswidrig.
Abschiebung trotz Lockdown
Auch die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, wendet sich gegen die Abschiebung. Sie erklärt: „Während in Deutschland ab Mittwoch bundesweit strengere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus in Kraft treten, wird inmitten der Pandemie weiterhin munter abgeschoben – unter anderem in das Kriegsland Afghanistan, wo tagtäglich Bomben explodieren und Zivilisten getötet und verletzt werden. Es ist skandalös, dass die Bundesregierung nicht davon ablässt, Abschiebungen in eins der gefährlichsten Länder der Welt zu forcieren. Menschen dürfen nicht in Krieg und Elend geschickt werden.“
Jelpke: „Bundesregierung nutzt Zahlung von Entwicklungsgeldern als Druckmittel“
Die Abgeordnete fährt fort: „Die zunächst für Mitte November angekündigte Wiederaufnahme der Sammelabschiebungen war auf Bitten der Regierung in Kabul kurzfristig abgesagt worden. Nur einen Monat später und kurz nach dem Abschluss einer Geberkonferenz in Genf, bei der Afghanistan die Weiterfinanzierung der Entwicklungshilfe bis 2024 zugesagt und die Bekämpfung ‚irregulärer Migration‘ beschlossen wurde, unternimmt die Bundesregierung schamlos den nächsten Versuch. Es ist eine Schande, dass die Bundesregierung die Zahlung von Entwicklungsgeldern als Druckmittel einsetzt, um ihrer Abschiebeobsession frönen zu können.“
Auch Sammelabschiebung nach Guinea geplant
Für Mittwoch ist zudem eine Sammelabschiebung nach Guinea geplant und es gibt Hinweise auf eine Sammelabschiebung in den Irak. Menschenrechte haben für die Innenminister in Bund und Ländern offensichtlich keinerlei Bedeutung, wie sie jüngst mit der Nicht-Verlängerung des Abschiebestopps nach Syrien erneut unter Beweis gestellt haben.