Ankara muss kurdischem Anwalt Schadenersatz zahlen

Die Türkei muss dem kurdischen Rechtsanwalt Ramazan Demir Schadenersatz im fünfstelligen Bereich zahlen. Der Jurist hatte geklagt, nachdem er bei einem Protest gegen die Verhaftung von Kollegen Opfer von Polizeigewalt geworden war.

Die türkische Regierung muss dem kurdischen Rechtsanwalt Ramazan Demir Schadenersatz im fünfstelligen Bereich bezahlen. Wer Opfer von willkürlicher Polizeigewalt wird, kann sich erfolgreich dagegen wehren, machte der türkische Verfassungsgerichtshof am Montag mit ungewöhnlich klaren Worten deutlich und gab der Klage des Juristen recht. Das Innenressort wurde dazu verdonnert, dem 37-Jährigen 40.000 TL (umgerechnet etwa 4.700 Euro) zu zahlen.

Demir war Anfang 2013 in Istanbul Opfer einer rüden Attacke von Polizisten und dem Sicherheitspersonal am Justizpalast Çağlayan geworden. Hintergrund war ein Protest gegen die Verhaftung von mehreren Mitgliedern der linken Anwaltsvereinigung ÇHD. Im Verlauf des Übergriffs kam es auch zu einer versuchten Festnahme, bei der Demir die Hände hinter dem Rücken gefesselt worden waren. Vor Zivilgerichten scheiterte der Rechtsanwalt mit seiner Klage. Daraufhin zog er vor den türkischen Verfassungsgerichtshof in Ankara.

Klage vor EGMR anhängig

Eine weitere Klage von Ramazan Demir gegen den türkischen Staat ist vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg anhängig. Das Urteil wird für diesen Dienstag erwartet. Der Anwalt war im April 2016 verhaftet worden, weil er das „internationale Ansehen der Türkei gefährdet“ haben soll. Hintergrund sind einstweilige Verfügungen, die Demir im Winter 2015/2016 während der türkischen Militärbelagerung in der kurdischen Stadt Cizîr für mehrere Personen, die verletzt in den „Todeskellern“ eingeschlossen waren, beim EGMR für medizinische Hilfe erwirkt hatte. In Untersuchungshaft hatte Demir Zugang ins Internet verlangt, um die beim EGMR und dem türkischen Verfassungsgericht anhängigen Verfahren seiner Mandantinnen und Mandanten zu verfolgen. Dies war ihm verwehrt worden, woraufhin er sich juristisch zur Wehr setzte.