Kolonialrecht in Kurdistan
Für die Mitglieder des Stadtrats in Colemêrg (tr. Hakkari) gilt offenbar ein Hausverbot im Rathaus. Die Polizei untersagte der DEM-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung am Montag den Zugang in das Amtsgebäude. „Aus Gründen werden die Sitzungen des Stadtparlaments bis auf Weiteres nicht stattfinden“, ließ der Zwangsverwalter Ali Çelik über einen Polizeibeamten in Zivil ausrichten. Selbst eine scheinlegitimatorische Rechtfertigung gab es nicht.
Die kurdische Widerstandshochburg Colemêrg steht seit einem Monat wieder unter Zwangsverwaltung. Der rechtmäßige Bürgermeister Mehmet Sıddık Akış, der bei der Kommunalwahl im März für die DEM ins Rennen ging und trotz massiver Betrugsversuche und des Einsatzes tausender Soldaten als „Geisterwähler“ mit fast 49 Prozent der Stimmen gewählt wurde, war nur zwei Monate nach der Wahl wegen Terrorverdachts des Amtes enthoben und aufgrund selbiger Vorwürfe zu knapp 20 Jahren Haft verurteilt worden. An seiner Stelle sitzt nun der AKP-Beamte und Ex-Gouverneur Ali Çelik im Rathaus – trotz der Ernennung der DEM-Politikerin Viyan Tekçe zur Interimsbürgermeisterin durch den Stadtrat.
Dass den Mitgliedern der DEM-Fraktion in Colemêrg der Zugang zum Rathaus verweigert wurde, sorgte für Kritik. Für weitere Empörung sorgte, dass der Schriftführer verhindert sei und die Nichtführung der Stadtratssitzung daher nicht protokolliert werden konnte. Ein offizielles Hausverbot sei den Gemeinderatsverordneten der DEM-Partei aber nicht erteilt worden. „Für amtliche Belange dürfen Sie das Rathaus aufsuchen“, so der Polizeibeamte zu den Fraktionsmitgliedern.