Nach der Aufhebung der gegen die kurdischen Jugendaktivist*innen Bermal Birtek und Ergin Balta ausgesprochenen Haftstrafen durch ein Berufungsgericht in Erzîrom (türk. Erzurum) fand am Donnerstag die Hauptverhandlung im wiederaufgerollten Prozess vor dem 2. Schwurgerichtshof in Mûş statt. Das Gericht verurteilte beide wegen „Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation“ und „Terrorpropaganda“ zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von jeweils zehn Jahren und sechs Monaten. Als Beweis wurden politische Aktivitäten für die Partei der demokratischen Regionen (DBP) herangezogen. Nach Auffassung des Gerichts hätten sich Birtek und Balta im „illegalen Rahmen“ bewegt. Beide wiesen die Anschuldigungen gegen sie zurück und forderten ihre Freilassung.
Der Prozess war eine Neuauflage eines Verfahrens von 2018. Vor knapp zwei Jahren hatte ebenfalls der 2. Schwurgerichtshof in Mûş die seit 2016 inhaftierten Aktivist*innen zu insgesamt 22 Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Verteidiger hatten schon damals die Vorwürfe zurückgewiesen und angeprangert, dass kein einziger Beweis gegen ihre Mandant*innen vorliege. Die DBP ist eine Schwesterpartei der HDP, die ausschließlich in den kurdischen Regionen agiert. Verboten ist die Partei nicht, allerdings sind ihre Mitglieder gleichermaßen systematischer staatlicher Repression und Willkür ausgesetzt. Unzählige ehemalige Bürgermeister*innen und Mitglieder sind wegen fadenscheinigen Vorwürfen im Gefängnis. Bermal Birtek saß im Parteirat der DBP, Ergin Balta war auf lokaler Ebene im Provinzvorstand in Amed (Diyarbakir).