Die Sicherheitskräfte von Şengal leiteten am 24. Januar 2023 mit Unterstützung von Spezialeinheiten der Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ) eine Vergeltungsoperation gegen Agentennetzwerke des türkischen Geheimdienstes und des mit dem MIT eng kooperierenden Geheimdienstes der PDK, Parastin, ein. Diese Netzwerke haben Angriffe auf Vertreter:innen der Selbstverwaltung verübt und Ziele für Drohnenangriffe markiert. Die Kommandantur der YBŞ hat sich zum Fortgang der Operation geäußert.
„Wir haben Lehren aus dem IS-Genozid gezogen“
In der Erklärung heißt es: „Vor kurzem haben wir eine Operation gegen ein Netz von Agenten des türkischen MIT und des Parastin gestartet. Einer der Gründe, warum das ezidische Volk einem Völkermord ausgesetzt war, ist, dass wir keine Selbstverteidigungskräfte organisiert hatten, um uns zu schützen. Wir haben wichtige historische Lehren aus dem IS-Völkermord von 2014 gezogen. Mit der Gründung der YBŞ inmitten des Genozids wurde der Erfolg des Völkermords verhindert. Der Genozid konnte dadurch aufgehalten werden. Der türkische Staat und seine Unterstützer konnten die Niederlage des IS jedoch nicht verdauen. Sie wollen das erreichen, was dem IS nicht gelungen ist, indem sie unsere Verteidigungskräfte, die Bevölkerung und unsere Institutionen ins Visier nehmen. Sie wollen unser Volk wieder wehrlos machen, um ihre Pläne zu verwirklichen. Die Situation von vor 2014 soll wieder hergestellt werden.“
Damit beziehen sich die YBŞ auf eine Situation, in der die Şengal-Region weitgehend unter der Kontrolle der PDK stand. Trotz akuter Warnungen hatte die PDK 2014 die ezidische Bevölkerung entwaffnet und sich dann fluchtartig samt schweren Waffen und Ausrüstung direkt vor dem Einmarsch des IS zurückgezogen und die Bevölkerung schutzlos zurückgelassen. Nur eine kleine Einheit von Guerillakämpfern der HPG konnte den IS aufhalten und verhindern, dass er in die Berge vordrang, wohin sich die Menschen vor der Terrormiliz geflüchtet hatten. Dennoch wurden Tausende Frauen und Kinder verschleppt und auf Sklavenmärkten verkauft und noch viel mehr Menschen grausam vom IS ermordet.
„Der Feind will nicht, dass wir eine Einheit bilden“
Weiter erklären die YBŞ: „In den letzten Jahren hat der türkische Staat mit seinen Agentennetzen und Kollaborateuren nachrichtendienstliche Aktivitäten in der Region durchgeführt. Damit will er die Werte unseres Volkes zerstören und Misstrauen schüren. Auf dieser Grundlage führen die Geheimdienste intensive Aktivitäten durch. Einerseits zielen die Netzwerke auf Führungspersönlichkeiten der Gesellschaft, andererseits auf unsere Kämpfer:innen, Kommandant:innen und diejenigen, die in Selbstverwaltungseinrichtungen arbeiten. Eines der Ziele des Feindes ist es, die Einheit unseres Volkes zu verhindern und Feindschaft zwischen unseren Stämmen zu schaffen. Damit sollen die Menschen gegeneinander ausgespielt, Hoffnungslosigkeit erzeugt und der Kampf unseres Volkes für eine freiere Zukunft verhindert werden.
„Rechenschaft für die Gefallenen“
Aus diesem Grund müssen wir vorsichtig sein, diese Komplotte vereiteln, unsere Einheit stärken und kein Agententum zulassen. Wir müssen unseren Kampf verstärken, bis wir ein Stadium erreicht haben, in dem der Feind nicht mehr unter uns geheimdienstlich agieren und unsere Werte angreifen kann. Diejenigen, die unsere Freund:innen und Menschen aus unserem Volk ermordet haben, werden dafür bezahlen. Deswegen gehen wir organisiert gegen diese Agentennetzwerke vor.
Als YBŞ und YJŞ begannen wir damit, diese Agenten, diese schmutzige Politik und diese unmenschlichen Handlungen zu ermitteln und ihre Pläne aufzudecken. Als Ergebnis dieser Bemühungen haben wir einige dieser Agenten gefasst und unleugbare Beweise und Dokumente sichergestellt. Wir haben einige der Geständnisse bereits veröffentlicht. Unsere Arbeit und die Prüfung der verfügbaren Beweise gehen weiter.
„Das sind keine Eziden“
Auf dieser Grundlage appellieren wir an alle Teile der Gesellschaft, insbesondere an die Personen an der Spitze der Stämme und diejenigen, die Einfluss auf die Gesellschaft haben. Alle müssen sich gegen diese schmutzigen Aktionen und diese Politik wehren. Gegenüber den von den Besatzern verübten Massakern und Völkermorden muss eine patriotische Haltung gezeigt werden. Nochmals: Haltet eure Kinder von dieser schmutzigen Politik und diesem Missbrauch fern. Er bringt nur Schande und Reue mit sich. Wir müssen diese Komplotte als Einheit durchbrechen. Unserem Volk sollte klar sein, dass der Feind sich freut, wenn sich Ezid:innen gegenseitig bekämpfen. Diejenigen, die unter dem Kommando des MIT und Parastin stehen, sind keine Eziden und haben nichts mit dem ezidischen Glauben zu tun. Sie tappten in die Falle des türkischen MIT und Parastin. Einige legten Geständnisse ab. Sie sammelten Informationen und gaben diese an den Feind weiter. Damit halfen sie dem Feind bei den Angriffen gegen unsere Vorreiter:innen, Kämpfer:innen und Kommandant:innen, gegen die Mitarbeiter:innen unserer Einrichtungen und gegen unsere ehrenwerten Familien. All das haben sie für ein bisschen Geld getan. Diese Leute haben das Blut unseres werten Kommandanten Dijwar Feqir, des Patrioten Ibrahim Derwêş Evdi, des zwölfjährigen Sali Naso, ein Kind unseres Volkes, unserer Genoss:innen und Kommandant:innen vergossen.
„Wir haben Rache geschworen“
Wir, als ihre Genoss:innen und Nachfolger:innen, stehen zu unserem Versprechen an sie. Wir werden Rache an allen üben, die daran beteiligt waren, das Blut unserer Gefallenen zu vergießen. Wir werden auch Rechenschaft von denen verlangen, die sich verstecken und fliehen. Niemand, an dessen Händen Blut unserer Gefallenen klebt, soll glauben, dass er sich in Sicherheit bringen kann. Wir werden sie zur Rechenschaft ziehen, wo immer sie sind. Das Leben wird für diese Personen zur Hölle werden.
Als YBŞ und YJŞ haben wir einen Eid auf unsere Familien und unsere Gefallenen geleistet. Als diejenigen, die geschworen haben, die Gefallenen zu rächen, werden wir ihren Träumen und Zielen zum Sieg verhelfen. Auf dieser Grundlage werden wir unsere Arbeit und unseren Kampf fortsetzen. Wir werden alle zur Rechenschaft ziehen, die den Frieden unseres Volkes stören wollen oder sich an den Werten unseres Volkes vergreifen. Auf dieser Grundlage sagen wir: Mögen die Seelen unserer Gefallenen in Frieden ruhen.“