Verhandlungen und Widerstand in Mexmûr dauern an

Der Ko-Vorsitzende des Volksrats von Mexmûr, Yusif Kara, hat nach Gesprächen mit irakischen und UN-Vertreter:innen mitgeteilt, dass der Irak weiterhin Gräben um das Camp ziehen will. Sowohl die Verhandlungen als auch der Widerstand gehen weiter.

Eine Delegation aus Camp Mexmûr ist heute mit Vertreter:innen der UN und der irakischen Regierung zusammengetroffen. In dem Gespräch übermittelte die Delegation die Forderungen der Bevölkerung des selbstverwalteten Lagers für Geflüchtete aus Nordkurdistan.

Yusif Kara, Ko-Vorsitzender des Volksrats von Mexmûr, gab im Anschluss an das Gespräch eine kurze Erklärung gegenüber der Menschenmenge ab, die seit Samstag im Widerstand gegen die militärische Belagerung Wache hält.

Kara sagte, dass der Wille und der Widerstand der Bevölkerung und der kurdischen Öffentlichkeit den Belagerungsplan vorerst hat scheitern lassen: „Wir haben sie für den Moment entfernt, aber sie beharren auf ihrem Plan und sagen, dass sie es tun werden. Im Augenblick lässt sich nicht sagen, was jetzt passieren wird und was sie tun werden. Wenn sie weiterhin Gräben um das Camp ziehen wollen, werden wir unsere Haltung und die Gespräche fortsetzen. Wenn sich etwas ergibt, werden wir das mitteilen.“

Zum Widerstand der Menschen in Mexmûr erklärte Kara: „Dieses Camp hat einen hohen Preis gezahlt und ist weltweit für seinen Widerstand und seine Haltung bekannt. Das ist eine Ehre für die Bevölkerung von Mexmûr, es ist etwas Wunderbares.“

Hintergrund: Was geschieht in Mexmûr?

Am frühen Samstagsmorgen sind Vertreter des irakischen Innen- und Verteidigungsministeriums ohne vorherige Ankündigung in Mexmûr eingetroffen, um das Lager mit Stacheldraht einzäunen zu lassen. Die Beamten wurden von Militärs und Polizei, darunter auch Spezialeinheiten, begleitet. Die Sicherheitskräfte rückten mit Dutzenden Panzerfahrzeugen an, um die Anordnung Bagdads durchzusetzen. Dazu gehört neben einer Umzäunung auch die Stationierung von irakischen Polizei- und Militäreinheiten, die Schließung aller Ein- und Ausgänge bis auf den Hauptzugang, die Installierung von militärischen Betonbarrieren auf dem Zufahrtsweg und die Aufstellung von Beobachtungstürmen.

Durch den Widerstand in Mexmûr wurde die irakische Regierung zu Verhandlungen gezwungen. Eine Delegation des Volksrats hatte sich am Montagabend zu Gesprächen mit Vertretern des irakischen Militärs getroffen.

Größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit

In Mexmûr, das sich südwestlich von Hewlêr (Erbil) in einem zwischen der südkurdischen Regionalregierung und der irakischen Führung in Bagdad umstrittenen Gebiet befindet, leben etwa zwölftausend Menschen. Ein Großteil der Bevölkerung wurde in den 1990er Jahren im Zuge der antikurdischen „Aufstandsbekämpfung“ und der sogenannten Politik der verbrannten Erde – unter dem Vorwand, die PKK zu bekämpfen, wurden damals etwa 3.000 Dörfer entvölkert oder niedergebrannt – vom türkischen Staat vertrieben. Nach einer mehrjährigen Odyssee und Aufenthalten in verschiedenen Camps haben die Menschen 1998 am Rand der Wüste das Lager Mexmûr gegründet. Die Campbevölkerung bildet damit die größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit, ist jedoch bis heute mit Schwierigkeiten konfrontiert.

Offiziell unter UN-Schutz

Offiziell steht Mexmûr unter dem Schutz und der Kontrolle des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR), praktisch ist die Organisation allerdings nur noch nominell präsent. Sie verließ das Lager bei den Angriffen der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) im Jahr 2014 und kehrte danach nicht mehr zurück. Seit 2019 ist das Lager einem Embargo der von der Barzanî-Partei PDK dominierten Regionalregierung ausgesetzt, zusätzlich zu existenzbedrohenden Angriffen der Türkei und des IS. Ankara kriminalisiert das Lager als „Brutstätte“ der kurdischen Arbeiterpartei PKK und droht immer wieder damit, es zu „säubern“. In der Vergangenheit kam es wiederholt zu türkischen Luftangriffen auf Mexmûr, zuletzt im vergangenen August. Dabei wurde ein sechsfacher Familienvater von einer Drohne getötet. In den vergangenen Tagen wurden ständig Drohnen im Luftraum über Mexmûr beobachtet.