Uzun: Die Doppelmoral der OPCW
Der KNK-Politiker Adem Uzun äußert sich im ANF-Interview zu der Ablehnung der OPCW, den Einsatz chemischer Waffen durch die Türkei in Südkurdistan zu untersuchen.
Der KNK-Politiker Adem Uzun äußert sich im ANF-Interview zu der Ablehnung der OPCW, den Einsatz chemischer Waffen durch die Türkei in Südkurdistan zu untersuchen.
Adem Uzun ist langjähriges Mitglied im Nationalkongress Kurdistan (KNK) und hat sich gegenüber ANF zum Einsatz von verbotenen Waffen durch die Türkei bei den Besatzungsangriffen auf die südkurdischen Regionen Zap, Metîna und Avaşîn geäußert. Nach HPG-Angaben wurden in dem laufenden Krieg in Zusammenarbeit zwischen AKP und PDK mindestens 1.500 Mal chemische Kampfstoffe eingesetzt. Das Schweigen der internationalen Institutionen zu den Kriegsverbrechen hält an.
Uzun erinnerte daran, dass die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) trotz der Berichte des „Komitees gegen den Einsatz chemischer Waffen in Südkurdistan“ und vieler regionaler und internationaler Organisationen schweige und die Region umfangreich mit chemischen Waffen angegriffen werde.
Der Einsatz chemischer Waffen hat zugenommen
Der türkische Staat habe die Angriffe mit chemischen Waffen 2022 im Vergleich zum letzten Jahr drastisch erhöht, erklärte Adem Uzun: „In der internationalen Öffentlichkeit ist das Thema oft angesprochen worden, aber leider ohne Ergebnisse. Zuständig für die Recherche wäre die OPCW, aber sie hat keine Untersuchungen durchgeführt. Angehörige von HPG-Mitgliedern, die bei Chemiewaffenangriffen ums Leben gekommen sind, haben Dutzende Schreiben an die zuständigen Einrichtungen geschickt. Internationale kurdische Institutionen haben Berichte an zuständige Behörden und verschiedene Staaten geschickt. Einige Staaten haben geantwortet. In der Antwort Deutschlands hieß es zum Beispiel, dass man von den Vorwürfen der Chemiewaffenangriffe wisse, die OPCW aber noch keine Beweise erhalten habe. In ähnlicher Weise hat Großbritannien gesagt: ,Ja, wir wissen, was passiert ist, aber die OPCW wird sich damit befassen, wenn sie Beweise hat'."
Die Doppelmoral der OPCW
Uzun führte weiter aus, dass die OPCW die von einigen unabhängigen Institutionen und Einzelpersonen vorgelegten Beweise nicht akzeptiere: „Sie hat weder die Berichte und Beweise, die aus der Region kamen, noch die Daten und Materialien akzeptiert. Sie schickt auch keine Kommissionen und Arbeitsgruppen in die Region, um eigene Untersuchungen durchzuführen. Die OPCW hat erklärt, dass die staatlichen Behörden einen entsprechenden Antrag stellen sollten, damit die Untersuchungen in der Region durchgeführt werden können. Trotz der schwerwiegenden Anschuldigungen, des Videomaterials, der internationalen Proteste und aller Aufrufe der internationalen Öffentlichkeit wird die OPCW immer noch nicht tätig. Das ist definitiv eine Doppelmoral. Sie erkennt nicht nur ihre eigenen Gesetze und Regeln nicht an, sondern versucht auch, die internationale öffentliche Meinung auf diese Weise zu manipulieren."
Die OPCW und die Mitgliedsstaaten brechen ihre eigenen Regeln
Uzun erklärte, dass die OPCW, der 193 Länder angehören, und die Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten: „Die Staaten und die OPCW haben jeweils Vertreter:innen beieinander. Die Staaten haben Kommissionen, die sich im Rahmen ihrer eigenen Mechanismen mit verbotenen Waffen befassen, aber sie und die OPCW werden in keiner Weise tätig. Das bedeutet, dass diese Staaten und die OPCW ihre eigenen Regeln nicht anerkennen und sie ignorieren."
Aus den Berichten gehe klar hervor, wie sehr die Bevölkerung in den Gebieten, die mit chemischen Waffen angegriffen wurden, darunter leide. Sowohl der Natur als auch der Bevölkerung Kurdistans würden dauerhaft schwere Schäden durch das NATO-Mitglied Türkei hinzugefügt, so der KNK-Politiker.
Uzun betonte, dass es trotz vorliegender Beweise von keinem NATO-Land eine Verurteilung des türkischen Chemiewaffeneinsatzes gegeben hab: „Das ist die Strategie der NATO. Die NATO schützt ihre Mitglieder, wenn diese Kriegsverbrechen begehen, chemische Waffen einsetzen und internationales Recht verletzen.“
Die NATO mache schmutzige Geschäfte mit Erdogan, fuhr Uzun fort. Diese seien im Gegenzug für die Zustimmung der Türkei zum NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands zustande gekommen. Dafür dürfe Erdogan ethnische Säuberungen und eine Politik des Völkermords gegenüber den Kurd:innen vollziehen. Damit gebe die NATO nicht nur grünes Licht für den Einsatz von Chemiewaffen, sondern öffne Erdogan auch die Tür für Verstöße gegen internationales Völkerrecht.