„Terror“-Festnahmen in Colemêrg

Die staatliche Repressionsmaschine in Nordkurdistan läuft weiter auf Hochtouren. In Colemêrg wurden zehn Personen unter den üblichen „Terror“-Verdächtigungen festgenommen. Als Grund wird eine am Vortag aufgelöste Demonstration vermutet.

Die Türkei dreht die Repressionsschraube gegen den kurdischen Teil der Bevölkerung weiter an. In Colemêrg (tr. Hakkari) wurden am Dienstag mindestens zehn Personen festgenommen. In einem konzentrierten Großeinsatz stürmte die Polizei am Morgen zeitgleich mehrere Wohnungen im Zentrum der nordkurdischen Provinzhauptstadt und führte akribische Durchsuchungen durch. Geführt wird die Festnahmeoperation unter dem Label „Terrorismusbekämpfung“.

Die Betroffenen würden verdächtigt, sich mitgliedschaftlich für eine als „terroristisch“ eingestufte Organisation zu betätigen und Propaganda für diese zu betreiben, so die Polizei. In welchem Zusammenhang die Anschuldigungen konkret stehen, wurde nicht mitgeteilt. Alle in Gewahrsam genommenen Personen, unter denen sich auch eine Frau befindet, werden im Polizeipräsidium Hakkari festgehalten. Mit der vermeintlichen Terrororganisation dürfte indes die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gemeint sein.

Aus Anwaltskreisen hieß es, dass die Festnahmen eine Reaktion auf eine Demonstration sein könnten, die am Vortag im nördlich von Colemêrg liegenden Landkreis Gever (Yüksekova) stattfand. Der von zivilgesellschaftlichen Gruppen und politischen Parteien organisierte Protest richtete sich gegen einen Angriff der in der Kurdistan-Region Irak (KRI) regierenden PDK („Demokratische Partei Kurdistans“) auf die PKK-Guerilla.

Wasserwerfer im Einsatz gegen Demonstrierende | Foto: MA

Kurdische Kreise befürchten einen neuen und vom türkischen Staat provozierten „Konflikt unter Geschwistern“ und führten in den vergangenen Tagen in verschiedenen Städten Demonstrationen durch. Die Aktion in Gever gestern wurde von der Polizei unter dem Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern aufgelöst, es kam zu Festnahmen. Mehrere Abgeordnete der Grünen Linkspartei (YSP) initiierten daraufhin einen Sitzstreik, doch auch gegen sie gingen Einsatzkräfte vor. So wurde die am Boden sitzende YSP-Politikerin Gülderen Varlı von Beamten traktiert.

Sitzstreik von YSP-Abgeordneten | Foto: MA

Einige Jugendliche, die sich nach dem Polizeiübergriff auf die Demonstration in die Nebenstraßen der Innenstadt von Gever zurückgezogen hatten, setzten ihren Protest fort. Sie warfen Steine und Knallkörper in Richtung der Bereitschaftspolizei, außerdem zündeten sie Bengalfeuer. Bei der Aktion sollen laut türkischen Behördenangaben drei Beamte verletzt worden sein. Auch eine unbeteiligte Person soll getroffen worden sein.

Titelbild: Übergriff auf Teilnehmende der Demonstration am Montag in Gever