Serdeşt: Kolber nach Beschuss in Fluss gestürzt und ertrunken

Im ostkurdischen Serdeşt sind zwei Kolber beim Beschuss durch iranische Regimetruppen in einen Fluss gestürzt und ertrunken.

In der ostkurdischen Stadt Serdeşt sind zwei Kolber beim Beschuss durch Grenzsoldaten des iranischen Regimes in einen Fluss gestürzt und ertrunken. Das berichtet die Kurdische Gesellschaft für Menschenrechte (Komeleya Mafê Mirovan a Kurdistanê, KMMK). Bei den Opfern handelt es sich um den 35 Jahre alten Iskender Muhammed aus der Region Pişder (Pischdar) im südkurdischen Silêmanî und den 36-jährigen Ebubekir Mohammadi aus Goreşîr in Serdeşt. Der Vorfall ereignete sich demnach bereits am Samstag, bisher ist nur die Leiche eines der Kolber gefunden worden. Die Suche im Fluss Qasimereş dauert weiter an.

Die getöteten Kolber | Quelle: KMMK

Was sind Kolber?

Kolber oder „Kolbar“ setzt sich aus den kurdischen Begriffen – „kol“ – der Rücken und „bar“ - die Last zusammen. Die Kolber leben davon, Lasten über die gefährlichen Grenzen zu bringen. Dabei handelt es sich vor allem um Zigaretten, Handys, Decken, Haushaltswaren, Tee und selten auch Alkohol. Sie benutzen diese gefährlichen Wege, um einen Handel zwischen den verschiedenen kurdischen Regionen möglich zu machen. Die Waren werden in Handelszentren wie Teheran zu sehr hohen Preisen verkauft. Aber die Kolber und Kesibkar, die ihr Leben für diese Arbeit aufs Spiel setzen, erhalten nur einen minimalen Tagelohn. Die Kesibkar sind diejenigen, die von Stadt zu Stadt reisen, um für die Waren, die von den Kolbern über die Grenze gebracht wurden, Abnehmer zu finden.

Kolbersterben nimmt seit 2018 zu

Im Grenzgebiet zwischen Ost-, Süd- und Nordkurdistan kommt es seit Jahren zu gezielten Tötungen von Kolbern, seit Ende 2018 jedoch immer häufiger. Der damals für Sicherheitsangelegenheiten zuständige stellvertretende Innenminister des Iran, Hossein Zolfaghari, hatte eine verfassungsfeindliche Fatwa verkündet und im Grenzgebiet tätige Lastenträger als „Schmuggler“ bezeichnet, die „getötet werden müssen“. Das Drama der Kolber und Kesibkar, die aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Perspektiven und der hohen Arbeitslosigkeit unter schwierigsten Umständen ihr Leben riskieren, um wenigstens irgendein Einkommen für sich und ihre Familien zu erzielen, will seitdem nicht abreißen.

Mindestens 67 tote Kolber in 2020

Laut einer Bilanz der Initiative „Kolbarnews” sind 2020 allein im iranisch-türkischen Grenzgebiet mindestens 67 Lastenträger zu Tode gekommen, weitere 163 wurden verletzt. Der Bericht enthält Daten über polizeilich erfasste oder medial veröffentlichte Todesfälle von Lastenträgern, die Dunkelziffer dürfte jedoch weitaus höher liegen. In den letzten Jahren wurden immer wieder in den Frühlingsmonaten Leichen von vermissten Kolbern gefunden, die durch die Schneeschmelze freigelegt worden waren.