Protestmarsch an der Grenze zwischen Nord- und Südkurdistan

Tausende Menschen haben an der türkisch-irakischen Staatsgrenze gegen die Militäroperation im Guerillagebiet in Südkurdistan protestiert. Die Friedensmütter appellierten an den PDK-Politiker Mesûd Barzanî: „Hör mit dem Verrat auf. Schämst du dich nicht?"

In der nordkurdischen Provinz Şirnex (tr. Şırnak) hat ein Protestmarsch gegen die türkische Militäroperation in den Medya-Verteidigungsgebieten und die Kollaboration der Barzanî-Familie mit dem türkischen Staat stattgefunden. Tausende Menschen trafen aus den umliegenden Provinzen in der grenznahen Ortschaft Tilqebîn im Kreis Silopiya ein, um Richtung Grenze zu laufen. Die Demonstration wurde vom Rat der Friedensmütter angeführt, es nahmen zahlreiche Politiker:innen der HDP und DBP sowie Aktivist:innen der Frauenbewegung TJA und der zivilgesellschaftlichen Organisation KCD (Demokratischer Gesellschaftskongress) teil. Auf kurdischsprachigen Transparenten und mit Parolen wurde die Haltung der südkurdischen Regierungspartei PDK als Verrat angeprangert und Solidarität mit dem Widerstand der Guerilla gegen den türkischen Expansionismus in Kurdistan demonstriert.

Mesûd Barzanî, schämst du dich nicht?“

Emine Özek vom Rat der Friedensmütter hielt eine emotionale Rede, in der sie an den PDK-Vorsitzenden Mesûd Barzanî appellierte: „Wie lange will Mesûd Barzanî die Despoten noch unterstützen? Wie weit wird dieser Verrat gehen? Wir wollen Einheit, sie wollen Krieg. Unsere Kinder werden mit Panzern und Granaten angegriffen. Warum sind denn unsere Kinder in den Bergen? Mesûd Barzanî, hör mit dem Verrat auf. Schämst du dich nicht? Stell dich endlich an die Seite deines Volkes!“

Krieg gegen das kurdische Volk und die Demokratiebewegung in der Türkei“

Die DBP-Vorsitzende Saliha Aydeniz sagte in einer Ansprache: „Wir sind hier, um gegen einen seit Tagen andauernden brutalen Krieg zu protestieren. Wir sagen Nein zu diesem Krieg, der auf der Feindseligkeit gegenüber dem kurdischen Volk beruht.“ Die kurdische Politikerin wies darauf hin, dass bereits vor Beginn der Bodenoffensive in Südkurdistan am 17. April eine umfassende Kriegspolitik von der türkischen Regierungskoalition AKP/MHP umgesetzt wurde. Der Krieg diene dem Machterhalt der Regierung und der Durchsetzung neoosmanischer Träume und richte sich ebenso wie gegen das kurdische Volk auch gegen die Demokratie in der Türkei.

Erdogan ist nicht euer Freund“

Der KCD-Vorsitzende Berdan Öztürk sagte: „Wir geben hier heute eine Erklärung im Namen Nordkurdistans ab. Sowohl die PDK als auch die Bevölkerung Südkurdistans sollten unsere Stimme hören. Die Herrschenden haben Kurdistan in vier Stücke geteilt, aber es gibt nur ein Kurdistan. Die faschistische AKP/MHP-Regierung intensiviert ihre kurdenfeindliche Politik seit langer Zeit, sie besetzt Kurdistan. Das ist bereits früher geschehen und findet heute mit Hilfe der PDK, der Regierung der Föderalen Region Kurdistan statt. Es ist ein Fehler, den wir nicht hinnehmen können. Die PDK behauptet, das kurdische Volk zu vertreten. Ihr steht jedoch in Habachtstellung wie Beamte vor Tayyip Erdogan. Ihr seid zu Beamten der AKP und MHP geworden. Ihr repräsentiert die Kurden nicht und ihr schützt ihre Würde nicht. Für euch sind die Interessen eurer Familie wichtiger als alles andere. Der Status Südkurdistans ist nicht der Status der Barzanî-Familie. Es ist der Status des kurdischen Volkes, der Status Kurdistans. Erdogan ist nicht euer Freund. Ein Despot im Norden Kurdistans kann nicht im Süden ein Freund sein.“