KNK: Der Krieg wird Erdoğans Niedergang nicht verhindern

Parallel zu den Versuchen, innen- wie außenpolitisch Kapital aus der Vermittlerrolle im Ukraine-Konflikt zu schlagen, hat die Türkei eine neue Invasion in Südkurdistan gestartet. Der KNK fordert den Westen auf, gegen die türkische Aggression vorzugehen.

„Während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan versucht, die Rolle des Vermittlers im Ukraine-Krieg zu spielen und sich als Friedensstifter darzustellen, hat er nun eine erneute, groß angelegte Militäroffensive gegen Südkurdistan (Nordirak) gestartet. Eine weitere unprovozierte Kampagne der türkischen Streitkräfte, um in die Region einzudringen, sie zu entvölkern und weitere Gebiete zu besetzen“, erklärt der Nationalkongress Kurdistans (KNK) zur neuerlichen Invasion auf dem Territorium der Kurdistan-Region Irak. Einmal mehr zeige sich damit das wahre Gesicht Erdoğans; das eines „Aggressors und Besatzers“.

Die Türkei hat in der Nacht zu Montag eine neue Boden- und Luftoffensive in Zap, Metîna und Avaşîn gestartet. Dabei werden Kampfjets, Hubschrauber und bewaffnete Drohnen eingesetzt. Der Angriff konzentriert sich aktuell auf den Zap. Von dort will die türkische Armee ihren Krieg weiter ausdehnen. Ankara begründet den Angriff mit dem „Recht auf Selbstverteidigung“. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags dagegen hatte in der Vergangenheit bei ähnlichen Einsätzen bezweifelt, dass diese mit dem Völkerrecht vereinbar sind.

„Die Politik der Verleugnung und des Krieges gegen das kurdische Volk ist ein zentrales Prinzip des türkischen Staates und der Führung Erdoğans. Seine durchsichtigen Bemühungen, im russischen Krieg gegen die Ukraine als Vermittler zwischen beiden Ländern aufzutreten dienen nur dazu, von seiner zerstörerischen Rolle abzulenken, die er weiterhin in der Türkei, in Kurdistan und in der gesamten Region spielt“, so der KNK. Der Einsatz von schweren Waffen und Bodentruppen stelle eine ernste Bedrohung für die gesamte Region dar. Nur die innerkurdische Einheit in allen Teilen Kurdistans und in der Diaspora könne eine Antwort auf diese Aggression sein. „Bei den jüngsten Newroz-Feierlichkeiten am 21. März wurde die nationale Einheit der Kurdinnen und Kurden proklamiert, und mehr als zehn Millionen Menschen in Nordkurdistan und in der Türkei haben Erdoğan deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich seiner Brutalität und Vernichtungspolitik nicht beugen werden. Millionen von Kurdinnen und Kurden haben der Türkei damit einen Weg zum Frieden aufgezeigt. Sie haben gegenüber den Völkern der Türkei und der Welt zum Ausdruck gebracht, dass es die Freiheit des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan ist, die den Weg zum Frieden in der Türkei und darüber hinaus ebnen wird.“

Auftritte mit Politikern aus Südkurdistan würden Erdoğan nicht dabei helfen, seine „Feindseligkeit gegenüber dem kurdischen Volk zu verbergen“, hebt der KNK in Anspielung auf Treffen mit Mitgliedern des in Hewlêr (Erbil) dominierenden Barzanî-Clans hervor. Schließlich sei die Erfolgsbilanz der Aggression gegen die kurdische Gesellschaft in verschiedenen Teilen Kurdistans wohlbekannt. Die jüngsten Newroz-Feierlichkeiten hätten die Realität des kurdischen Nationalbewusstseins und des Strebens nach Freiheit aufgezeigt. „Seit Newroz hat die Folterung und Ermordung kurdischer politischer Gefangener zugenommen, ebenso haben die Angriffe auf Büros der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und Festnahmen von Personen, die an den Newroz-Feiern teilgenommen haben, zugenommen. In Rojava sowie in Nord- und Ostsyrien fliegt die türkische Armee intensive Luftangriffe gegen die kurdische Bevölkerung.“

Hintergrund dieser antikurdischen Aggression seien laut dem KNK die zahlreichen innenpolitischen Krisen, mit denen Erdoğan konfrontiert ist, darunter die katastrophale Wirtschaftslage. Der Niedergang und der nahende Sturz des Präsidenten solle durch eine Eskalation des Krieges gegen die Kurd:innen und der damit einhergehenden Unterstützung des nationalistischen Lagers verhindert werden. „Gleichzeitig arbeitet Erdoğan daran, die Position der Türkei auf der internationalen diplomatischen Bühne zu stärken, indem er versucht, die Rolle des Vermittlers in der Ukraine-Krise zu spielen und eine einzigartige geostrategische Position zwischen der NATO und Russland zu beanspruchen. Wenn die Welt weiterhin die Augen vor Erdoğans Aggression verschließt, werden wir in ganz Kurdistan und im Nahen Osten noch mehr Blutvergießen, Vertreibung und Instabilität erleben“, hebt der KNK hervor. In einem abschließenden Appell heißt es:

„Wir müssen das Schweigen über die türkische Invasion in Südkurdistan brechen und aktiv werden! Wir rufen alle Regierungen und internationalen Organisationen, einschließlich die UN, die NATO, die EU, den Europarat und die Arabische Liga auf, dringend gegen diese Verletzung des Völkerrechts vorzugehen, dieses Verbrechen der Aggression unmissverständlich zu verurteilen und den Rückzug der türkischen Truppen aus Südkurdistan zu fordern. Wir rufen politische Parteien, Menschenrechtsorganisationen, Friedensbewegungen, Gewerkschaften und aktivistische Menschen auf, sich der türkischen Aggression und Besatzung zu widersetzen.“