Proteste nach Festnahmen in Qoser

Sicherheitskräfte und eine „völlig politisierte Justiz“ werden in der Türkei als Waffe genutzt, um Andersdenkende, die das Regime als Problem begreift, loszuwerden, kritisiert die „Plattform für Arbeit und Demokratie“ die jüngsten Festnahmen in Qoser.

Die „Plattform für Arbeit und Demokratie“ in Qoser (tr. Kızıltepe) kritisiert die jüngsten Festnahmen in der kurdischen Stadt als Abschreckungsmaßnahme gegen die Opposition und fordert die umgehende Freilassung der Betroffenen. Die Sicherheitskräfte und eine „völlig politisierte Justiz“ würden überall im Land als Waffe genutzt, um Andersdenkende, die das Regime als Problem begreift, loszuwerden, kritisierte die Initiative am Donnerstag bei einer Kundgebung.

In einem weiteren Schlag gegen die politische und zivilgesellschaftliche Organisierung in Kurdistan waren am Mittwoch zwölf Oppositionelle bei polizeilichen Razzien in Qoser festgenommen worden. Zunächst war noch von sechs Betroffenen die Rede gewesen. Zu den Hintergründen der Festnahmen, die auf Anordnung der Oberstaatsanwaltschaft in der Provinzhauptstadt Mêrdîn erfolgten, liegen noch immer keine Informationen vor. Unter den Personen, die seit inzwischen mehr als 24 Stunden in Polizeihaft sind, befinden sich Mitglieder der HDP sowie Lehrkräfte, die bei der Bildungsgewerkschaft Eğitim-Sen organisiert sind. Die Organisation gehört dem linken Gewerkschaftsverband der öffentlich Beschäftigten (KESK) an und befindet sich seit geraumer Zeit im Fokus der staatlichen Repression.

„In dem Moment, in dem jemand in diesem Land von der Regierung als Problem gesehen wird, das es gilt loszuwerden, kann er wie im Fall unserer Freundinnen und Freunde aus Qoser grundlos eingesperrt werden. Die völlig politisierte Justiz und der regimetreue Sicherheitsapparat übernehmen diese Aufgabe“, beanstandete Filiz Özmen Kılıç, Ko-Vorsitzende der Zweigstelle von Eğitim-Sen in Qoser, in einer Ansprache. Der „Vernichtungsfeldzug“ gegen Andersdenkende habe sich zum „hauptsächlichen Ziel“ der Regierung etabliert, die gesamte Politik sei darauf ausgerichtet, die Opposition mundtot zu machen oder sie wegzusperren. „Die Festnahmen entbehren jeglicher rechtlichen Grundlage, sind politisch motiviert und richten sich gegen das gewerkschaftliche Engagement unserer Mitglieder. Als Eğitim-Sen fordern wir das umgehende Ende dieses illegalen Vorgehens“, so Kılıç weiter.

Der Ko-Vorsitzende des HDP-Provinzverbands von Mêrdîn, Salih Kuday, beteiligte sich ebenfalls an der Kundgebung. Der Politiker äußerte, dass die Führung in Ankara in einem vergeblichen Versuch an ihrem „aggressiven Kurs gegen oppositionellen Dissens“ bestehe, um die eigens verursachte politische, wirtschaftliche und soziale Krise zu verschleiern. „Wir sind entschlossen, trotz willkürlichen Festnahmen und Verhaftungen an unseren legitimen Kämpfen festzuhalten. Wir werden uns diesem Regime nicht beugen.“