PJAK: Ausnahmebedingungen im Iran und Rojhilat

Der Ko-Vorsitzende der ostkurdischen Freiheitsbewegung PJAK, Siamand Moini, beschreibt die Lage im Mittleren Osten als „kritisch“ und spricht von einer Neuformierung der Region.

Der Ko-Vorsitzende der ostkurdischen Partei für ein freies Leben in Kurdistan (Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê, PJAK), Siamand Moini, hat sich gegenüber ANF zu den aktuellen Entwicklungen in Ostkurdistan und im Iran geäußert. Moini beschreibt die Lage im Mittleren Osten als „kritisch“ und erklärt: „Die Region wird neu gestaltet. Die Kräfte, die ihre politischen, militärischen Interessen und den Status quo wahren wollen, sind in einen heftigen Krieg in der Region eingetreten. Die internationalen und regionalen Mächte, die sich an diesem Krieg beteiligen, wollen ihren Anteil an der Neuformierung des Mittleren Ostens erstreiten.“

Kurdistan ist das Zentrum des Dritten Weltkriegs“

„Wir glauben, dass hier in der Region eine neue Form des Krieges geführt wird. Wenn wir die kritischen Entwicklungen in der Region von diesem Standpunkt aus analysieren, dann können wir diesen Krieg nur als ‚Dritten Weltkrieg‘ bezeichnen“, erklärt er. Dieser Krieg wird vor allem in den vier Teilen Kurdistans ausgetragen, so Moini: „Die vier Teile Kurdistans erleben einen Angriff auf militärische, politischer und ökonomischer Ebene. Die einzige Kraft, die sich diesen Angriffen bis jetzt entgegen gestellt hat, war die apoistische Bewegung. Die HDP-Abgeordnete Leyla Güven hat mit eisernem Willen einen Hungerstreik gegen diese Angriffe begonnen und so den revolutionären Widerstand angeführt. Die Initiative von Leyla Güven ist eine Initiative des revolutionären Kampfes für die Freiheit gegen die Diktatur und Unterdrückung. Sie hat gezeigt, dass keine Diktatur gegenüber diesen Freiheitsforderungen bestehen kann. Deswegen ist es angebracht, Leyla Güven als Symbol der kurdischen Frau im revolutionären Widerstand für die Freiheit zu bezeichnen. Das hat sie selbst mit ihrem Widerstand bewiesen.“

Die PJAK leistet in allen Bereichen Widerstand“

Moini betont, dass die PJAK ihre Entschlossenheit demonstriert hat, ohne Unterbrechung für die Demokratisierung des Iran und die Freiheit der Völker im Iran und Rojhilat Widerstand zu leisten: „Wir haben unsere Kräfte in jedem Bereich organisiert und auf den Kampf vorbereitet. Der Widerstand unserer Genossinnen und Genossen in den Gefängnissen des Irans findet auf einem dieser Kampffelder statt. Der Wille der Gefangenen konnte auch nicht durch Hinrichtungen gebrochen werden. Es ist klar und deutlich geworden, dass unser Widerstand im Iran nicht durch Hinrichtungen und Morde gebrochen werden kann.“

Die Bedingungen müssen richtig interpretiert werden“

Er hebt hervor, dass im Iran und Rojhilat Ausnahmebedingungen herrschen und es notwendig ist, die realen politischen Bedingungen richtig zu interpretieren: „Die Kräfte müssen eine dementsprechende Politik verfolgen und ihren Kampf danach ausrichten. Das bedeutet aber nicht, sich in eine passive Haltung zu begeben. Denn so wird eine auf einer Analyse der regionalen und globalen politischen Bedingungen basierende Politik wie auch die praktische Methoden zu ihrer Umsetzung bestimmt. Das ist es, was wir umzusetzen versuchen. Es gibt immer wieder Kritiken an den Methoden unseres Kampfes. Wir akzeptieren aufrichtige Kritik und bemühen uns, Fehler nicht zu wiederholen. Aber manche Kritiken verfolgen andere Ziele und sollen dazu dienen, Widersprüche gegen uns zu provozieren. Deswegen nehmen wir es auch nicht ernst, wenn uns vorgeworfen wird, dass wir mit den Urhebern solcher Kritiken nicht in einen Dialog treten. Denn diese Kritiken sind nicht konstruktiv. Die Kritiken basieren nicht auf eigenen Überlegungen, sondern auf böswilliger Antipropaganda. Wenn die Kritiken nicht ernsthaft sind, dann beschäftigen wir uns nicht mit ihnen, sondern lieber mit unserem eigenen Kampf. Die Urheber dieser Kritiken werden sowieso immer weniger.“

Kurden müssen zusammenhalten“

Moini bezeichnet die aktuelle Krise im Iran als sehr ernst und betont, dass die Kurd*innen eine wichtige Rolle zu spielen haben: „Die Kurd*innen können ihre Rolle als Einheit spielen. Durch diffamierende Kritiken soll aber dieser Einheit Einhalt geboten werden. Wir haben uns immer darum bemüht, in einen Dialog mit unabhängigen Kräften zur Schaffung eines gemeinsamen Kampfes auf der Grundlage gemeinsamer Grundsätze zu treten. Das tun wir auch weiterhin. Auch andere Kräfte haben sich um solche Treffen bemüht. Wir wollen, dass allen voran die Kurd*innen, aber auch alle anderen oppositionellen Kräfte im Iran, den politischen Prozess richtig interpretieren und damit aufhören, um sich selbst zu kreisen und die Frage, wie wir gemeinsam den Iran ändern können, zu ihrer Grundlage zu machen.“

Wir sind bereit uns mit allen zu treffen, die ein Projekt haben“

Moini erinnert an die Zehn-Punkte-Deklaration der PJAK für eine Lösung im Iran  und erklärt: „Wir haben das Projekt und die dazugehörigen praktischen Schritte den politischen Parteien zukommen lassen. Natürlich gibt es Aspekte und Perspektiven, in denen sich unser Projekt von den anderen unterscheidet. Das ist eine ganz normale Angelegenheit. Aber es gibt eine Sache, die wir von allen Kräften verlangen, sie sollen eine demokratische Perspektive an den Tag legen, einander akzeptieren und die Entwicklungen auf der Grundlage einer breiteren Perspektive betrachten. Manche Kräfte haben positiv zu unserem Projekt Stellung bezogen. Das hat uns gefreut. Andere Kräfte betrachten das ganze aus einem sehr engstirnigen Blickwinkel. Wieder andere haben das Projekt nicht nur engstirnig betrachtet, sondern alles getan, um es scheitern zu lassen. Das führt zu einer Situation, die den oppositionellen Kräfte im Iran schadet. Aufgrund der Ergebnisse der Diskussionen haben wir begonnen, einige praktische Schritte einzuleiten. Aber manche Parteien haben sich dem scharf entgegengestellt. Die Führung dieser Parteien agiert hier aber auf der Grundlage einer anderen Agenda. Sie werden von gewissen südkurdischen Parteien und ihren Geheimdiensten geführt. Diese Parteien machen über die Feindschaft zur PJAK Politik und versuchen uns zu isolieren. Dahinter stehen Erdoğan und die AKP. Deswegen beschränken sie sich auch nicht einfach darauf gegen uns zu sein, sie wollen uns vernichten.“

Internationale Mächte zielen auf Ende der Islamischen Republik ab“

Zur Krise zwischen Iran und USA sagt Moini: „Bezüglich der Entwicklungen aufgrund der repressiven Iran-Politik stehen im Land verschiedene Szenarien in der Diskussion. Gemeinsamer Punkt dieser Szenarien ist die Zerschlagung der Islamischen Republik Iran. Denn die internationalen Kräfte geben sich nicht mit kurzfristigen Verhandlungen mit dem Iran zufrieden. Es geht bei den Verhandlungen langfristig darum, die Islamische Republik zu zerschlagen oder sie durch einen Regimewechsel auf Linie zu bringen. Der Iran versucht die Bevölkerung damit zu täuschen, indem er behauptet, diese Politik ginge von Israel aus, das Land wolle die Region durcheinander bringen und einen Krieg herbeiführen.“

Kurden müssen diese große Chance nutzen“

Welches Szenario auch immer eintreten mag, erklärt Moini, für die Kurd*innen biete sich eine große Chance: „Das Wichtigste ist nun, dass die führenden Kräfte in der Region auf gemeinsamer Grundlage zusammenkommen und eine Einheit aufbauen, um Spaltungen zu verhindern. Wir glauben, dass die politischen Parteien und kämpfenden Kräfte im Iran in diesem Sinne eine Führungsrolle einnehmen sollten. Wenn die Kräfte, die Freiheit und Demokratie fordern, gemeinsam vorgehen, dann wird eine demokratische Revolution möglich.“