Namen von Bagok-Gefallenen veröffentlicht

Die HPG haben die Namen von vier Guerillakämpfern veröffentlicht, die Ende März bei einer Militäroperation der türkischen Armee am Berg Bagok in Mêrdîn ums Leben gekommen sind.

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (Hêzên Parastina Gel, HPG) hat die Namen von vier Guerillakämpfern veröffentlicht, die Ende März bei einer türkischen Militäroperation am Berg Bagok in der nordkurdischen Provinz Mêrdîn (tr. Mardin) ums Leben gekommen sind. Zu der am 29. März am Berg Bagok eingeleiteten Militäroperation hatte die HPG-Pressestelle am 8. April mitgeteilt, dass das Gebiet Kela Şehîdan zunächst drei Stunden lang von türkischen Kampfjets bombardiert worden war, bevor Kampfhubschrauber zum Einsatz kamen und Soldaten abgesetzt wurden. Die Operation dauerte insgesamt zwei Tage lang an.

Die Identitäten der Gefallenen lauten:

                             

Codename: Hewram Avyer

Vor- und Nachname: Hasan Mahmudi

Geburtsort: Sine

Namen von Mutter und Vater: Gulistan – Salar

Todestag und -ort: 29.-30. März 2021 / Mêrdîn

 

Codename: Rêber Kurdistan

Vor- und Nachname: Eyyüp Çam

Geburtsort: Mêrdîn

Namen von Mutter und Vater: Gazali – Çeçan

Todestag und -ort: 29.-30. März 2021 / Mêrdîn

 

Codename: Agit Timok

Vor- und Nachname: Kahraman Sunar

Geburtsort: Êlih

Namen von Mutter und Vater: Fatma – Bedrettin

Todestag und -ort: 29.-30. März 2021 / Mêrdîn

 

Codename: Rüstem Firaz

Vor- und Nachname: Ismet Bilgiç

Geburtsort: Mêrdîn

Namen von Mutter und Vater: Rabia – Isa

Todestag und -ort: 29.-30. März 2021 / Mêrdîn

Zu den Biografien der Gefallenen

Hewram Ayver wurde in der ostkurdischen Stadt Sine (Sanandaj) geboren. Ursprünglich stammt seine Familie aus der Ortschaft Jawaro in der Hewraman-Region, die aus dem Gebirgsland zwischen dem Dreieck Helebce-Merîwan-Pawe besteht. Die kurdische Befreiungsbewegung lernte er 1999 unter dem Eindruck der „Serhildan des 15. Februar“ – der Protestwelle im Zuge der Verschleppung von Abdullah Öcalan aus Kenia in die Türkei näher kennen.

Nach dem Abitur nahm Hewram Ayver ein Informatikstudium auf, befand jedoch für sich selbst, dass die Freiheit der kurdischen Gesellschaft ohne den „revolutionären Volkskrieg“ nicht zu erringen sei. Er brach das Studium ab und ging zur Guerilla in die Berge. „Schon an seinem ersten Moment in unseren Reihen vereinte sich unser Weggefährte Hewram mit den Bergen und der PKK, verwirklichte sich wie ein Lauffeuer und wurde zu einem Pionier auf Kommandantenebene“, schreiben die HPG in einem Nachruf auf Hewram Ayver. Bis 2013 hielt er sich in der Qendîl-Region auf, danach zog es ihn in den Norden. Als Guerillakommandant bekleidete er Positionen in der Regionalkommandantur der Gebiete Besta und Cûdî, stets an der Seite von Gelhat Gabar. Als sich dieser 2014 der Revolution von Rojava zuwandte und nach Kobanê ging, um die Befreiung der vom IS belagerten Stadt anzuführen, nahm Hewram Ayver dessen Platz ein. „Er stand an der Spitze der Verteidigung vom Cûdî, als der türkische Besatzerstaat im Jahr 2015 seinen Vernichtungsangriff gegen das kurdische Volk einleitete, motivierte seine Freund:innen, plante alle Aktionen, organisierte die Basis des Widerstands, den er selbst an der Spitze koordinierte. Er blieb den Massakern des faschistischen und genozidalen türkischen Staates an den Ausläufern des Cûdî während des Kampfes um Selbstverwaltung nicht gleichgültig und ging nach Cizîr und Silopiya.“ Hewram Ayver führte den Widerstand gegen die am 4. September 2015 über die Stadt Cizîr verhängte erste Ausgangssperre an. Während dieses Kleinkrieges griff der türkische Staat mit allen Kräften, die ihm dabei zur Verfügung standen, bis an die Zähne bewaffnet mit konventionellen Waffen, neun Tage lang die Stadt an. Die von Hewram Ayver angeführte Gruppe stellte sich ihnen damals entgegen. Ihr Widerstand führte dazu, dass sich die Türkei zunächst aus Cizîr zurückziehen musste.

Im April 2016 zog es Hewram Ayver – der inzwischen wieder zurück auf dem Cûdî war, zusammen mit sechzig Guerillakämpfer:innen zur Verteidigung der Bevölkerung nach Silopiya. „Zwei Tage lang übernahm er die Kontrolle der Stadt und übte Vergeltung an Polizei und Armee der Besatzer für die Massaker an unserem Volk.“ Später ging Ayver in die Botan-Region und kommandierte die bodenbeweglichen Guerillaeinheiten. Er hielt sich eine Weile am Kato Jirka auf, wo er am 19. April 2017 im Verlauf einer Militäroperation verletzt wurde. Zur Behandlung ging er in die südkurdischen Medya-Verteidigungsgebiete. Gut zwei Jahre lang war Ayver Teil der Kommandantur der Apollon-Akademien, bis er die Region 2019 Richtung Bakur verließ. Zuletzt gehörte er der Regionalkommandantur der Guerilla in Mêrdîn an. Die HPG beschreiben Hewram Ayver als eine „symbolträchtige Figur“, deren Herz für Kurdistan und das Paradigma einer demokratischen Nation schlug.

Rêber Kurdistan wurde in Qoser (tr. Kızıltepe) bei Mêrdîn als Sohn einer patriotischen Familie geboren. Bevor er sich im Jahr 2011 zu einer Zeit, in der der Krieg in Kurdistan besonders heftig war, trotz eines Platzes für einen aussichtsreichen Studiengang den Reihen der Guerilla anschloss, war er in der kurdischen Jugendbewegung aktiv. In den Bergen kämpfte er zuerst in Metîna und Qendîl, bevor er nach Gare ging. Rêber Kurdistan durchlief eine Spezialausbildung, bevor es ihn nach Mêrdîn führte. Sieben Jahre lang kämpfte er in der Region, in der er geboren wurde. Dort entwickelte er sich zu einem versierten Kommandanten.

Agit Timok kam in Êlih (Batman) zur Welt. Sein Geburtsort ist das Dorf Timok, aus dem der muslimische Gelehrte Mele Evdilahê Timokî (Abdullah Beğik) stammt. Er spielte eine religiöse Führungsrolle in Kurdistan und musste aufgrund der Repression des türkischen Staates nach Rojava gehen, wo er 1992 verstarb. Zwischen ihm und Abdullah Öcalan gab es eine enge Verbindung. Dies führte dazu, dass Agit Timok bereits im Kindesalter Interesse für die „apoistischen Bewegung“ Kurdistans zeigte. 2014 fasste er den Entschluss, der Guerilla beizutreten. Nach einer Weile im Norden ging er nach Şengal, um das ezidische Volk vor dem Genozid durch den IS zu bewahren und seine Existenz zu verteidigen. Anschließend zog es ihn in die Medya-Verteidigungsgebiete. Hier durchlief Agit Timok weitere militärische und ideologische Ausbildungen, die ihn auf seinen Einsatz in Mêrdîn vorbereiteten. Hier vertrat er die Linie der neuzeitlichen Guerilla, so die HPG.

Rüstem Firaz wurde in Midyad geboren. Als der IS mit türkischer Schützenhilfe die Revolution von Rojava angriff, schloss sich Firaz den Volksverteidigungseinheiten YPG an. Er kämpfte an den verschiedensten Fronten gegen den IS. Nachdem dieser militärisch besiegt wurde, wandte er sich den Bergen Kurdistans zu.  

Denkmal des Widerstands

„Unsere Freunde Hewram, Rêber, Agit und Rüstem haben in Mêrdîn Heldengeschichten geschrieben. Sie kämpften für die Ideale, an die sie glaubten und nach denen sie lebten. Sie sind zu einem Denkmal des Widerstands geworden, auf das das kurdische Volk stets stolz sein kann. Als HPG versprechen wir, ihrem Andenken stets würdig zu sein und ihrer Linie zu folgen. Unsere Verbundenheit gilt ihren Träumen.“