Die Demokratische Partei Kurdistans (PDK) kollaboriert mit dem türkischen Faschismus und unterstützt die türkische Invasion in Südkurdistan auf allen Ebenen. Im Interview mit dem Radiosender Dengê Welat beschreibt Xalide Engizek aus dem Zentralkomitee der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) die Rolle der PDK als wichtigstes Standbein der türkischen Invasion.
Am 17. April startete das AKP/MHP-Regime einen großangelegten Angriff auf die Medya-Verteidigungsgebiete. Welches Konzept liegt dem Angriff zu Grunde?
Der AKP/MHP-Faschismus hat seine Existenz auf dem Völkermord an anderen Gesellschaften aufgebaut. Jeder weiß, dass die Türkei keine historischen Wurzeln in Anatolien und im Nahen Osten hat. Die Basis des türkischen Staates ist das Erbe und die Kultur anderer Völker. Um seine Existenz zu verlängern, will er alles andere zerstören. Dieses Konzept setzt sich seit der Gründung des Komitees für Einheit und Fortschritt und der türkischen Republik fort. Die AKP/MHP-Regierung basiert bis heute auf dem Spezialkrieg.
Nach dem Widerstand für demokratische Autonomie in Kurdistan wurden die AKP und MHP Partner. Eigentlich wurde die Linie der MHP einfach von der AKP übernommen. Ein neues Konzept wurde geschaffen. Ziel dieses Konzept ist es, von der Neugestaltung des Nahen Ostens zu profitieren. Der türkische Staat versucht von allen Konflikten zwischen den hegemonialen und kapitalistischen Mächten zu profitieren. In vielen Ländern des Nahen Ostens kam es zu Kriegen und Konflikten. Die Hegemonialmächte intervenierten im Nahen Osten. Das AKP/MHP-Regime sah darin eine Gelegenheit, in Kurdistan einzumarschieren. Auf dieser Grundlage sollen alle Hindernisse auf dem Weg zu einer Großmacht im Nahen Osten aus dem Weg geräumt werden.
Pläne der Hegemonialmächte
Als die Kräfte der kapitalistischen Moderne im Nahen Osten intervenierten, sahen sie in Rêber Apo (Abdullah Öcalan) und der PKK ein Hindernis. Indem sie Rêber Apo durch das internationale Komplott am 15. Februar 1999 gefangennahmen, versuchten sie, die PKK zu liquidieren. Tatsächlich dauert das internationale Komplott immer noch fort. Wir betrachten das AKP/MHP-Regime als zweites Komplott. Dieses Regime verstärkt seine mörderischen Angriffe von Tag zu Tag. Worum geht es bei diesem zweiten Komplott? Es ist ein Komplott, das in Syrien begann und darauf abzielt, den Irak zu vernichten. Mit anderen Worten, es geht darum Südkurdistan auszuschalten. Die PKK wird als Hindernis für diese Pläne betrachtet und soll deshalb ausgelöscht werden. Der türkische Staat greift an, damit die Pläne der Hegemonialmächte umgesetzt werden können. Deshalb kann er von der NATO profitieren. Er bekommt seine Waffen und sein Geld, ja sogar die Ermutigung von der NATO. In der Region erhält der türkische Staat die Unterstützung der irakischen Regierung und der PDK. Auf dieser Grundlage finden die Invasionsangriffe gegen die Medya-Verteidigungsgebiete statt.
Xakurke, Heftanîn und zuletzt Zap und Avaşîn sollen besetzt und die Medya-Verteidigungsgebiete umzingelt werden. Nach Xakurke, Heftanîn, Zap und Avaşîn sollen Metîna, Gare und Qendîl besetzt werden. Warum greift der türkische Staat die Guerilla derartig an und versucht sie zu vernichten? Die Guerilla ist die Grundkraft der PKK. Wenn die Guerilla liquidiert wird, wird auch die PKK liquidiert. Wenn die PKK eliminiert wird, werden die Hoffnungen der Menschen im Nahen Osten zerstört. Die Hoffnungen der Völker der Welt werden dann zerschlagen. Die PKK ist mit dem Projekt der Demokratischen Nation zu einer weltweiten Kraft der Lösung geworden. Daher soll die PKK eliminiert werden. Es ist bekannt, dass die Liquidierung der PKK eine Vernichtung der Hoffnung des kurdischen Volkes, der Unterdrückten und der Völker des Nahen Ostens, insbesondere des arabischen Volkes, bedeutet. Zum ersten Mal hat das arabische Volk ebenfalls das apoistische Paradigma angenommen und versucht sich so vor einer Spaltung zu bewahren. Es versucht, sich aus der Sklaverei zu befreien.
Hinter dem Vernichtungskonzept stehen vor allem die USA und die NATO. Nachdem die NATO erklärt hatte, dem türkischen Staat F16-Bomber zu geben, beschloss Erdoğan, Zap und Avaşîn anzugreifen. Auch der Irak ist in dieses Konzept eingebunden. Der Irak hat Truppen entsandt, um sicherzustellen, dass die Türkei die Grenze leicht überqueren kann. Es heißt, es solle eine Pufferzone an der Grenze errichtet werden. Aber die Sache ist nicht mit einer Pufferzone getan. Alle sind beteiligt. Der Irak würde besetzt werden, wenn die PKK ausgelöscht würde. Das Ziel des Neoosmanismus ist es, die Region und die arabischen Staaten zu besetzen. Insbesondere wird beabsichtigt, Zugriff auf die Ölquellen von Mosul und Kêrkuk zu erhalten und damit dem Irak seine Energieversorgung zu rauben. Das ist dem Irak offenbar nicht klar. Insbesondere die Kadhimi-Regierung begreift diese Situation nicht. Stattdessen hat die Kadhimi-Regierung zur Unterstützung des türkischen Konzepts das Abkommen vom 9. Oktober (2020) geschlossen [die Aufteilung der Şengal-Region zwischen Irak und PDK]. Die PDK ist ebenfalls Teil dieses Plans. Die PDK führt seit der Gründung der PKK einen Krieg gegen uns. Sie ist von Anfang an Teil des Vernichtungsplans.
„Der türkische Staat besetzt Syrien Schritt für Schritt“
Auf der anderen Seite können wir sagen, dass es sich um ein gegen Russland gerichtetes Konzept handelt. Russland gilt als eine globale Hegemonialmacht und hat Interessen in Syrien. Um die Türkei von der NATO zu entfernen, hat Russland viele Zugeständnisse gemacht. Aber die Türkei versucht in Bezug auf den aktuellen Krieg zwischen der Ukraine und Russland eine ausgewogene Politik zu verfolgen. Seit 2011 besetzt der türkische Staat jedoch bei jeder Gelegenheit einen weiteren Teil syrischen Territoriums. Zum Beispiel wurden zuerst Cerablus und al-Bab, dann Efrîn und Idlib und zuletzt Serêkaniyê und Girê Spî vom türkischen Staat besetzt.
Diese Invasionen fanden mit der Zustimmung Russlands statt. Aber jetzt verzeichnet Russland am Mittelmeer Gebietsgewinne und die Türkei möchte diese Gebiete besetzen. Die Türkei führt einen Expansionskrieg. Die Invasion Kurdistans, die Besetzung weiter Landstriche des Nahen Ostens, der Raub der Energieressourcen und der Plan, das kurdische Volk auszulöschen, sind Teil dieses Kriegskonzepts. Im Rahmen der Pläne zur Neugestaltung der Region versucht der türkische Staat den Kurd:innen jeglichen Status zu nehmen. Er greift vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Medya-Verteidigungsgebiete an. Seine Armee setzt Giftgas ein. Sämtliche Technik der NATO wird benutzt. Was auch immer die Türkei tut, sie tut es im Namen der NATO. Die NATO und der türkische Staat müssen sich für diesen Krieg verantworten.
Die Guerilla der HPG und YJA Star leistet einen epischen Widerstand gegen diese Angriffe. Die Guerilla ist eine professionelle Kraft und verfolgt die Strategie des revolutionären Volkskrieges. Insbesondere die Frauenguerilla YJA Star spielt in diesem Krieg eine entscheidende Rolle. Während die Guerilla ihre Rolle und Mission in den Bergen Kurdistans erfüllt, sollte sich unser Volk in allen vier Teilen Kurdistans und im Ausland auf der Grundlage der Strategie des revolutionären Volkskrieges organisieren.
Das Volk muss dem türkischen Staat das Leben in jeder Straße, in jedem Viertel und in jeder Stadt vergällen. Solange der türkische Staat uns in allen vier Teilen Kurdistans angreift und uns auch in Europa ermordet, haben wir das Recht, uns überall selbst zu verteidigen und Vergeltung zu üben. Wir rufen das kurdische Volk und seine Freundinnen und Freunde auf, sich zu erheben und Widerstand gegen die Angriffe des türkischen Staates zu leisten. Das gibt auch der Guerilla Kraft und Moral.
„Alle sollten sich fragen, wie sie den türkischen Staat schlagen können“
Alle Kurdinnen und Kurden sollten sich selbst als Guerilla betrachten. Wenn ich mich als Guerillakämpferin betrachte, dann habe ich die Initiativkraft. Ich muss mich fragen: „Wie kann ich den türkischen Staat heute treffen?“ Ich kann seinen Tourismus treffen, ich kann seine Wirtschaft treffen, ich kann seine Existenz treffen. Damit der Guerillawiderstand erfolgreich sein kann, muss ein umfassender Kampf geführt werden. Der türkische Staat sieht in diesem Krieg die letzte Chance. Wenn er diesen Krieg gewinnt, wird er vorzeitig in die Wahlen gehen und seine Herrschaft nachhaltig verstetigen. Aber wenn der türkische Staat besiegt wird, werden die Völker der Türkei und der Region Rechenschaft verlangen. In diesem Sinne trägt jede einzelne Person eine große Verantwortung und spielt eine wichtige Rolle. Wenn die Menschen den Widerstand und den Kampf übernehmen und weitertragen, dann wird der AKP/MHP-Faschismus in diesem Jahr besiegt werden.
Da der türkische Staat keine Erfolge gegen die Guerilla hat, setzt er auf die Unterstützung der PDK. Welche Position nimmt die PDK bei diesen Angriffen ein? Wie soll man sich Ihrer Meinung nach zur PDK positionieren?
Die Peschmerga von Kurdistan kämpften einst und hatten Gefallene. Auch sie gehören zu den Werten unseres Volkes. Es gibt auch gute, patriotische Menschen in der PDK. Aber die kurdische Gesellschaft sollte das wahre Gesicht der PDK erkennen. Dazu ist es nützlich, ihre Geschichte zu betrachten. Warum wurde die PDK gegründet? Wo wurde sie aufgebaut? Wer hat sie gegründet? Warum ist diese Barzanî-Familie immer in der PDK? Es gibt eigentlich gar keine Regionalregierung von Kurdistan, sondern eine Barzanî-Regierung. Die YNK und die anderen Parteien sind nur der Form halber im Parlament vertreten.
Die PDK, also die Familie Barzanî, ist in ihrem Wesen diktatorischer als Saddam (Hussein). Die kurdische Gesellschaft muss die Realität wahrnehmen. Unter der Herrschaft dieser Familie wurde die Partei als Gladio-Projekt des internationalen Geheimdienstes aufgebaut und in den Dienst des Systems gestellt. Ihre Aufgabe ist es, die revolutionären Kräfte Kurdistans im Interesse der internationalen Mächte zu eliminieren. Schauen wir uns die Geschichte der PDK an, sie hat die Kurd:innen in Ostkurdistan (Iran) verraten, sie hat die Kurd:innen in Nordkurdistan (Türkei) verraten, sie hat die YNK verraten. Sie verriet sogar die Kurd:innen in Südkurdistan und zuletzt erneut die PKK. Die PDK spielt die ihr zugewiesene Rolle.
Wir haben Informationen über einen hochrangigen PDK-Funktionär in Şengal, der forderte, die Menschen sollten das Ezidentum aufgeben und sunnitische Muslime werden. Die PDK betreibt Konfessionalismus, Fundamentalismus und Rassismus. Sie will, dass das ezidische Volk von sich selbst entfremdet wird und von Şengal abkehrt. Sie versucht die arabische und die ezidische Bevölkerung durch Konfessionalismus gegeneinander aufzuhetzen. Die PDK ist 2014 geflohen und hat die ezidische Bevölkerung dem IS überlassen. Heute schämt sie sich nicht, in Şengal zu intervenieren. Sie verursacht Fluchtwellen, um Menschen in den Lagern von Dihok unterzubringen. Aber diese Lager sind weder angemessen noch sicher. Die PDK zielt auf eine Räumung der Şengal-Region ab und versucht die Menschen in den Lagern zu einer Stimmabgabe in ihrem Sinne zu erpressen.
„Türkische Soldaten werden als Peschmerga verkleidet“
Beim Angriff auf die Guerilla spielt die PDK eine Rolle als Wegbereiterin für den türkischen Staat. Türkische Soldaten werden als Peschmerga verkleidet in die Guerillagebiete geschickt. Die türkischen Soldaten, denen die Nahrungsmittel ausgehen, werden von der PDK versorgt. Wenn die Guerilla der PDK den Rücken zudreht, dann stößt diese mit dem Dolch zu. Die Guerilla hat bis zu einem gewissen Punkt Geduld. Das kurdische Volk sollte aber wissen, dass die PDK Teil des Kriegskonzepts des türkischen Staates ist und die Guerilla im Zap besiegen will. Die PDK meint, dass, wenn die PKK in Kurdistan eliminiert würde, Kurdistan in der Hand der Barzanî-Familie bleibe. Das ist aber ein Hirngespinst. Der türkische Staat wird versuchen, die PDK, die ihr eigenes Volk in Windeseile verraten hat, so schnell wie möglich loszuwerden. Das kurdische Volk, die Vertreter:innen aller Parteien und Institutionen in Südkurdistan, sollten diese Tatsache kennen.
„Der türkische Staat will die PKK in diesem Jahr vernichten“
Wie sollte der Widerstand des Volkes und seiner Freund:innen gegen die türkischen Angriffe aussehen?
Dies ist ein Krieg um Sein oder Nichtsein. Dieses Jahr ist sehr wichtig. Warum sagen wir, dass dieses Jahr wichtig ist? Der türkische Staat betrachtet diesen Krieg als das Ende. Wir betrachten ihn als den letzten Krieg. Die AKP hat ihren Plan für 2023 festgelegt. 2023 ist das 100-jährige Jubiläum des Vertrages von Lausanne. Zum Jahrestag will Erdoğan erneut die Kurd:innen ohne Status lassen und sich als zweiter Mustafa Kemal präsentieren. Er will auch seine neoosmanischen Träume wahr werden lassen. Dazu soll die PKK als Hindernis in diesem Jahr aus dem Weg geräumt werden. So will er seinen Traum, 2023 erneut an die Macht zu kommen, verwirklichen.
Wir haben die AKP in eine ausweglose Situation gebracht. Der Druck auf sie ist massiv. Es gibt ernsthafte Proteste gegen die AKP in der türkischen Gesellschaft, in den arabischen Ländern und international. Von Botan bis Amed, von Serhad bis Dersim, jeder junge Mensch in Kurdistan sollte sich als Guerillakämpfer betrachten und den Feind angreifen. Jede kurdische Familie sollte sehen, dass ihre Kinder im Bombenhagel seit Tagen in der Zap-Region gegen den Feind Widerstand leisten. Auch sie können dem türkischen Staat auf allen Ebenen Schaden zufügen. Jeder Mensch mit Gewissen muss sich organisieren und gegen den faschistischen türkischen Staat kämpfen. Organisiert euer Leben dem Kampf entsprechend. Die Menschen in Südkurdistan, insbesondere diejenigen, die in den Regionen Bradost und Behdînan leben, haben eine große Verantwortung. Unser Volk in Südkurdistan ist patriotisch und beunruhigt über die Politik der PDK. Es muss aber mehr Protest gegen die Invasion zeigen.
„Trefft den Feind für die Freiheit Kurdistans in seinem Herzen“
Unser Volk in allen vier Teilen Kurdistans muss für den Guerillawiderstand eintreten. Dazu reichen Demonstrationen nicht aus. Alle müssen kämpfen, egal wo. Führt Krieg gegen den türkischen Staat. Trefft den Feind für die Freiheit Kurdistans in seinem Herzen. Wenn das Volk von Kurdistan seine Rolle und Verantwortung im Rahmen des revolutionären Volkskrieges erfüllt, wird die Guerilla zweifellos siegen. Auf diese Weise wird die Freiheit unserer Freund:innen, die jahrelang in den Kerkern Widerstand geleistet haben, und auch die Freiheit von Rêber Apo erkämpft. In diesem Glauben grüße ich noch einmal den Guerillawiderstand und wünsche viel Erfolg. Noch einmal, ich grüße unser Volk, das in allen vier Teilen Kurdistans und auf der ganzen Welt Widerstand leistet.