Kurdophobie bei AKP in Bedlîs

Während die AKP in ihrem verzweifelten Kampf um Istanbul den Kurden schmeichelt und sogar kurdische Wahlpropaganda betreibt, leidet sie in den kurdischen Provinzen an Kurdophobie. Dort mussten kurdischsprachige Schilder nun türkischsprachigen weichen.

Seit den letzten Kommunalwahlen in der Türkei und Nordkurdistan am 31. März regiert in der Provinz Bedlîs (Bitlis) wieder ein Bürgermeister der AKP die gleichnamige Provinzhauptstadt. Zuvor übernahm ein staatlich eingesetzter Treuhänder den Posten, nachdem die demokratisch gewählten Ko-Bürgermeister*innen der DBP (Partei der demokratischen Regionen), Nevin Daşdemir Dağkıran und Hüseyin Olan, von der Regierung abgesetzt und auf Betreiben des Innenministeriums inhaftiert wurden. Als diese noch im Amt waren, ließen sie ein zweisprachiges Schild an der Stadtverwaltung anbringen. Sowohl auf Türkisch als auch auf Kurdisch war eindeutig zu erkennen, dass es sich bei dem Gebäude um den Amtssitz der Stadt handelte. Auch als die Stadt zwangsverwaltet wurde, blieb das Schild hängen. Doch seit Nesrullah Tanğlay - der sich selbst als Kurden bezeichnet - Bürgermeister von Bedlîs ist, muss alles Kurdische aus der Stadt am Wan-See weichen.

Kurdische Sprache = Politikum

Weil das Schild in kurdischer Sprache ein „Politikum“ sei, wurde es kurzerhand mit einem ausschließlich türkischsprachigen ausgetauscht. Auch ließ Tanğlay die dreisprachigen Ortsschilder der Stadt, mit denen Besucher*innen auf Türkisch, Kurdisch und Englisch lediglich willkommen geheißen wurden, entfernen. Es scheint, als habe sich der AKP-Politiker einer antikurdischen Offensive verschrieben, denn das gleiche Drama spielte sich auch in der Kreisstadt Tetwan (Tatvan) ab. Dort hängt mittlerweile statt dem gewohnten türkisch- und kurdischsprachigen Schild der Stadtverwaltung ein Hinweis mit dem türkischen Wort „Ordnungsamt“. Während die AKP in ihrem verzweifelten Kampf um Istanbul den Kurdinnen und Kurden schmeichelt und sogar kurdische Wahlpropaganda betreibt, leidet sie in den kurdischen Provinzen weiterhin an chronischer Kurdophobie.

AKP-Mehrheit in Tetwan ohnehin rechtswidrig 

In Tetwan hatte die AKP bei den Kommunalwahlen nur mit einer knappen Mehrheit von 256 Stimmen das Bürgermeisteramt gewonnen. Wie in allen anderen kurdischen Landkreisen setzte sie dafür auch dort auf Geisterwähler, Militär und Polizei, um eine Mehrheit durchzusetzen. Aufgrund des Wahlbetrugs hatte die HDP einen Antrag auf Neuauszählung bei der türkischen Wahlbehörde (YSK) eingereicht. So waren beispielsweise 900 Wähler an drei Adressen gemeldet gewesen, in einer Wohnung waren es sogar 340 Wähler. Der Antrag wurde abgelehnt. Trotzdem existierte in Tetwan eine Stadtratsmehrheit der Demokratischen Partei der Völker (HDP). Noch bis vor wenigen Wochen war der Stadtrat mit elf AKP- und 14 HDP-Vertreter*innen besetzt. Auf Anforderung des türkischen Gouverneurs hat das Innenministerium allerdings neun der 14 HDP-Vertreter*innen des Amtes enthoben und ihre Mandate an Kandidat*innen der Regimepartei übertragen. Damit verfügt die AKP nun über eine Mehrheit im Stadtrat von Tetwan.

HDP: Intoleranz gegenüber anderen Sprachen inakzeptabel

Die verbliebenen fünf HDP-Stadtratsmitglieder und auch die Abgesetzten protestieren gegen das Vorgehen der AKP. Diyar Orak, einer der Betroffenen aus Tetwan, findet die Intoleranz gegenüber der Kurdischen und anderer Sprachen inakzeptabel. „Kurdisch ist die Muttersprache der meisten hier lebenden Menschen. Die Schilder zu entfernen, kommt der Missachtung eines gesamten Volkes gleich. Das können wir nicht akzeptieren“, sagt Orak. Zwar seien ihm und acht seiner Kolleg*innen die Mandate entzogen worden, doch solle das nicht heißen, dass die Arbeit der Stadtverwaltung nicht verfolgt werde. Man werde ganz genau verfolgen, was hinter den Kulissen der AKP in Tetwan geschieht, kündigt der HDP-Politiker an.