Der CHP-Vorsitzende Kemal Kılıçdaroğlu hat bei den Präsidentschaftswahlen in der Türkei am Sonntag den höchsten Prozentsatz der Stimmen in fünf Provinzen in Nordkurdistan erhalten. Der größte Stimmenanteil kam laut den vorläufigen Ergebnissen mit 80,26 Prozent aus Dersim (tr. Tunceli), einer Hochburg der alevitischen Gemeinschaft, der Kılıçdaroğlu selbst angehört.
Die Provinzen Şirnex (Şırnak) und Colemêrg (Hakkari), in denen die kurdische Befreiungsbewegung eine historische Basis hat, folgten mit 75,61 und 73,53 Prozent. Kılıçdaroğlu erzielte mehr als das Acht- bzw. Zehnfache der Stimmen, die seine Republikanische Volkspartei (CHP) dort erhielt.
An vierter Stelle lag Amed (Diyarbakır) mit 71,96 Prozent der Stimmen für Kılıçdaroğlu. Diese Zahl übertrifft den Stimmenanteil von 68,99 Prozent, den CHP und Grüne Linkspartei (YSP) zusammen bei den zeitgleichen Parlamentswahlen in der Provinz erzielten. In Êlih (Batman) gingen 67,57 Prozent der Stimmen an Kılıçdaroğlu.
In jeder der fünf Provinzen erhielt der CHP-Vorsitzende mehr Stimmen als in der westlichen Provinz Izmir, der wichtigsten säkularen republikanischen Hochburg des Landes, wo er 63,29 Prozent der Stimmen bekam.
Der plötzliche Popularitätssprung von Kemal Kılıçdaroğlu in den mehrheitlich kurdisch besiedelten Provinzen ist darauf zurückzuführen, dass die Demokratische Partei der Völker (HDP), die aufgrund ihres drohenden Verbots unter dem Banner der Grünen Linkspartei (YSP) zu den Parlamentswahlen antrat, auf einen eigenen Präsidentschaftskandidaten verzichtete und stattdessen ihre Unterstützung für den CHP-Vorsitzenden ankündigte.
Insgesamt unterlag Kemal Kılıçdaroğlu mit 44,88 Prozent dem amtierenden Präsidenten Tayyip Erdoğan mit einem Stimmenanteil von 49,51 Prozent. Die Stichwahl zwischen Erdoğan und Kılıçdaroğlu findet am 28. Mai statt.