YSP (Grüne Linkspartei) und HDP (Demokratische Partei der Völker) haben sich in Ankara zu den Ergebnissen der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen geäußert. An der Pressekonferenz nahmen die YSP-Sprecher:innen Çiğdem Kılıçgün Uçar und Ibrahim Akın sowie die HDP-Vorsitzenden Pervin Buldan und Mithat Sancar teil.
Die Ko-Sprecherin der Grünen Linkspartei, Çiğdem Kılıçgün Uçar, erklärte einleitend, dass das gesetzte Ziel nicht vollständig erreicht werden konnte: „Es ist klar, dass die Wahlergebnisse nicht als Erfolg für uns angesehen werden können."
Im Vorfeld der Wahlen seien sie politisch motivierten Festnahmen und Verhaftungen ausgesetzt gewesen. Mit dem Verbotsverfahren gegen die HDP und dem sogenannten Kobanê-Prozess sei versucht worden, „uns von der politischen Bühne auszuschließen“, so Uçar: „Das Verbotsverfahren hat wie ein Damoklesschwert einen gleichberechtigten und fairen Wahlkampf in der Türkei verhindert. Hunderte unserer Freundinnen und Freunde wurden während des Wahlprozesses mit täglich neuen politischen Operationen festgenommen und verhaftet, wodurch Bedingungen geschaffen wurden, unter denen selbst das grundlegendste Recht, das Recht auf demokratische Politik, unmöglich gemacht wurde. Vielerorts wurden mit Unterstützung der Regierung rassistische Angriffe gegen unsere Parteiaktivitäten durchgeführt. Die Volksallianz [Wahlbündnis von AKP, MHP u.a.] hat während der gesamten Wahlperiode alle Arten von öffentlichen Mitteln und Macht zu ihren Gunsten genutzt. Die Auswirkungen dieser Intrigen waren entscheidend für das Zustandekommen der Wahlergebnisse.“
Position als drittstärkste Partei im Parlament gehalten
Dennoch seien sie sich der Verantwortung bewusst, „die Botschaft der Wählerinnen und Wähler aufzugreifen und sie in einem Prozess der Kritik und Selbstkritik in allen Aspekten auszuwerten“, erklärte Uçar weiter: „Die Millionen von Menschen, die für die Grüne Linkspartei gestimmt haben, können beruhigt sein. Wir werden die historische Rolle, den Auftrag und die Verantwortung erfüllen, die uns unser Volk für die Präsidentschaftswahlen übertragen hat, die nach den aktuellen Daten in die zweite Runde zu gehen scheinen. Wir werden unsere Arbeit fortsetzen, ohne unsere Hoffnung und unseren Enthusiasmus zu verlieren. Wir werden die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen in den zuständigen Gremien unserer Partei auswerten und unser Arbeitsprogramm so bald wie möglich mit unserem Volk und der Öffentlichkeit teilen. Wir halten es für wichtig, dass wir bei den Wahlen, die unter schwierigen Bedingungen und in einem kritischen Prozess stattgefunden haben, unsere Position als drittstärkste Partei im Parlament gehalten haben. Mit diesem Verantwortungsbewusstsein werden wir unseren Kampf entschlossen fortsetzen. Wir werden dafür sorgen, dass demokratische Politik die Grundlage und Dynamik für die Lösung aller Probleme ist."
Der Kampf zur Beendigung des Ein-Mann-Regimes gehe weiter, niemand sollte „in Pessimismus und Verzweiflung verfallen", sagte Uçar.
„Wir werden über die Ursache unserer Stimmenverluste diskutieren“
Der HDP-Vorsitzende Mithat Sancar stellte sich auf der Pressekonferenz den Fragen von Journalist:innen. Auf die Frage, ob der Einzug in die Wahlen als Bündnis für Arbeit und Freiheit einen Stimmenverlust verursacht habe, antwortete Sancar: „Wir haben gewisse Verluste. Bei den Wahlen musste natürlich nach einer Formel gesucht werden und wir haben gesagt und verteidigt, dass eine einzige Liste die geeignetste Formel ist. Aber wir haben immer darauf geachtet, das Bündnis zu schützen. Bei Bündnissen kann es solche Risiken geben. Einige dieser Risiken haben sich bei diesen Wahlen verwirklicht. Wir werden dies in unseren eigenen Gremien und mit unseren Bündnispartnern besprechen."
Sancar wies darauf hin, dass sie landesweit einen Stimmenrückgang zu verzeichnen hatten: „Dieser Rückgang ist in den westlichen Provinzen besonders auffällig. Wir müssen uns alle Ergebnisse vorlegen lassen, um eine genauere Auswertung vornehmen zu können. Es ist ein Misserfolg. Die Tatsache, dass wir im Westen weniger Stimmen erhalten haben, stellt für uns ein Problem dar. Wir müssen über die Gründe und die Proportionen diskutieren. Wenn wir hier Defizite und Unzulänglichkeiten haben, werden wir sie im Prozess der Kritik und Selbstkritik auswerten.“