HPG: Sie kämpften gegen Besatzung und Völkermord

Die Guerillakämpfer:innen Jînda Cûdî, Canda Welat, Êrîş Rizgar Kato, Rojbûn Amara und Sason Xelîl sind im Widerstand gegen die türkische Besatzung in Nordkurdistan gefallen.

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat die Namen und Lebensläufe von fünf Gefallenen veröffentlicht. Jînda Cûdî, Canda Welat und Êrîş Rizgar Kato sind im Juni bei Luftangriffen und Gefechten mit der türkischen Armee im Anitos-Tal in Wan ums Leben gekommen, Rojbûn Amara und Sason Xelîl im August in Kato.

                           

Kod Adı: Jînda Cûdî
Vor- und Nachname: Jiyan Konur
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Fatma – Tahir
Todestag und -ort: 12. Juni 2022 / Wan

 

Kod Adı: Canda Welat
Vor- und Nachname: Canan Özdemir
Geburtsort: Wan
Namen von Mutter und Vater:
Todestag und -ort: 12. Juni 2022 / Wan

 

Kod Adı: Êrîş Rizgar Kato
Vor- und Nachname: Şaban Yorgun
Geburtsort: Colemêrg
Namen von Mutter und Vater: Zeynep – Ramazan
Todestag und -ort: 12. Juni 2022 / Wan

 

Kod Adı: Rojbûn Amara
Vor- und Nachname: Çimen Ataman
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Gulistan – Abdurrahim
Todestag und -ort: 2. August 2022 / Kato

 

Kod Adı: Sason Xelîl
Vor- und Nachname: Gökhan Toktaş
Geburtsort: Wan
Namen von Mutter und Vater: Nadire – Izzettin
Todestag und -ort: 2. August 2022 / Kato

 

Jînda Cûdî

 

Jînda Cûdî ist in Şirnex-Silopya geboren und in einem der kurdischen Befreiungsbewegung nahestehenden Umfeld aufgewachsen. In ihrer Familie gab es bereits in den 1990er Jahren Gefallene und Jînda empfand schon als Kind Liebe und Respekt der Guerilla gegenüber. Wie die meisten Menschen mit kurdischer Identität und einem politischen Bewusstsein erlebte sie Hausdurchsuchungen und Festnahmen. Als Studentin wurde sie politisch aktiv und las die Schriften von Abdullah Öcalan. Dadurch bekam ihre emotionale Verbundenheit mit dem Befreiungskampf eine ideologische Grundlage. Aufgrund ihrer politischen Arbeit wurden drei Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet. Nach dem von der türkischen Regierung unterstützten Angriff des IS auf Rojava folgte sie dem Mobilisierungsaufruf Öcalans an die Jugend und entschied sich 2015, der Guerilla beizutreten. Zu diesem Zeitpunkt studierte sie in Mersin und machte eine Ausbildung zur Krankenschwester.

 

In den Bergen ging Jînda nach der Grundausbildung in die Praxis und absolvierte anschließend einen Lehrgang zur militärischen Professionalisierung. Da sie schnell lernte und die Fähigkeit besaß, ihre Erkenntnisse an andere zu vermitteln, übernahm sie die Aufgabe einer Kommandantin in der militärischen Fachausbildung. In dieser Rolle trug sie maßgeblich dazu bei, neue Guerillataktiken zu etablieren. Danach war sie an der Frauenakademie Şehîd Bêrîtan, um sich ideologisch weiterzubilden. Sie beschäftigte sich mit der Frauenbefreiungsideologie und ihrer eigenen Persönlichkeit und machte in dieser Zeit einen großen Entwicklungssprung.

Anschließend ging Jînda Cûdî nach Wan, wo sie an zahlreichen Aktionen gegen die türkische Armee teilnahm und bis zum letzten Moment ihres Lebens mit großer Entschlossenheit weiterkämpfte.

Canda Welat

Canda Welat ist in Wan geboren und gehörte zum Stamm der Jîrkî, aus dem viele Freiheitskämpfer:innen hervorgegangen sind. In ihrer Kindheit und Jugend erlebte sie die Unterdrückung des kurdischen Volkes durch den türkischen Staat und empfand große Wut. Gleichzeitig hinterfragte sie die klassische Frauenrolle in der Gesellschaft und suchte nach Alternativen. 2015 schloss sie sich schließlich in Wan der Guerilla an. Da sie sich in der Gegend gut auskannte, war sie von Anfang an selbstbewusst und hatte keine Schwierigkeiten, sich an ihr neues Leben zu gewöhnen. Sie entwickelte sich schnell zu einer fähigen Guerillakämpferin und bildete sich auch ideologisch weiter. Für sie war es ein permanentes Ziel, die Grundsätze einer freien Frau in der Praxis zu leben und zu verteidigen. Mit ihrer entschlossenen Haltung im Leben und im Kampf wurde sie bald zu einem Vorbild für ihre Mitkämpfer:innen. Die HPG beschreiben Canda als bescheidene Persönlichkeit mit hohem Verantwortungsbewusstsein. Sie spielte eine führende Rolle bei diversen Guerillaaktionen und kümmerte sich intensiv um neue Kämpferinnen und Kämpfer. Ihr gesamtes Guerillaleben verbrachte sie in verschiedenen Gebieten in Wan.

Êrîş Rizgar Kato

 

Êrîş Rizgar Kato ist in Colemêrg geboren und aufgewachsen. Aus seiner Verwandtschaft und seinem sozialen Umfeld schlossen sich viele Menschen der Befreiungsbewegung an, einige kamen im Kampf ums Leben. Seine Familie stammte aus dem Dorf Qewalê im Gebiet Kato Qewalê, in dem die Guerilla präsent war. So lernte Êrîş bereits als Kind Guerillakämpfer:innen kennen, was er später als großes Glück bezeichnete. Als er sich selbst der Guerilla anschloss, hatte er daher keine Eingewöhnungsschwierigkeiten. Vor seinem Beitritt zur Guerilla war er in der Jugendbewegung aktiv. Dieses Engagement setzte er auch fort, als er aus wirtschaftlichen Gründen in einer Großstadt arbeiten musste. In dieser Zeit fiel er dem Staat auf und sollte als Spitzel angeworben werden. Ihm wurde vorgeschlagen, in den Bergen in Kato Fotofallen zu installieren, um die Bewegungen der Guerilla festzustellen. Er wurde unter Druck gesetzt und mit Nachteilen für seine Familie bedroht. Êrîş lehnte die Agententätigkeit für den türkischen Staat ab und ging in die Berge. Der ersten Guerillagruppe, die er traf, teilte er mit, wo er Fotofallen gesehen hatte. Diese Aufrichtigkeit behielt er in seinem gesamten Guerillaleben bei, wofür er geliebt und geschätzt wurde.

Rojbûn Amara

 

Rojbûn Amara stammte aus Şirnex und gehörte dem Stamm der Elkî an. Sie wuchs in einem patriotischen Umfeld mit der kurdischen Kultur auf und kannte die PKK bereits als Kind. Am 4. April 2015 schloss sie sich der Guerilla an. In ihrer Anfangszeit in den Bergen beeindruckte sie vor allem der genossenschaftliche Umgang und die vorbehaltlose Teilnahme ihrer Mitkämpfer:innen an allen Details des Guerillalebens. Sie legte großen Wert auf ihre ideologische Bildung und beschäftigte sich mit den Grundsätzen der Frauenbefreiung.

 

Gleichzeitig war ihr bewusst, dass sie auch militärische Fähigkeiten entwickeln muss, um ihrer Verantwortung als Freiheitskämpferin gerecht zu werden. Sie absolvierte eine intensive militärische Fachausbildung und arbeitete danach in verschiedenen Bereichen. Auf eigenen Vorschlag ging sie anschließend nach Nordkurdistan und kämpfte zuletzt in Kato.

Sason Xelîl

 

Sason Xelîl ist in Wan-Şax geboren und in einem der PKK nahestehenden Umfeld aufgewachsen. Er erlebte die staatlichen Angriffe auf das kurdische Volk und war sich früh des drohenden Völkermords bewusst. Für die Guerilla interessierte er sich bereits als Jugendlicher und als der IS 2014 Massaker in Şengal und Rojava verübte, ging er in die Berge. Er machte eine Grundausbildung und entwickelte sich schnell zu einem Kämpfer. Bereits nach kurzer Zeit wollte er nach Kobanê gehen, um die Stadt zu verteidigen. Auf dem Weg geriet er in Gefangenschaft und war lange Zeit inhaftiert. Seine Zeit im Gefängnis nutzte er zur Weiterbildung und beschäftigte sich mit der apoistischen Ideologie. Nach seiner Entlassung ging er wieder in die Berge, um seinen Kampf fortzusetzen. Er vervollständigte sein ideologisches Wissen mit militärischen Kenntnissen und wurde zu einem Guerillakommandanten der Neuzeit. In Kato nahm er an vielen erfolgreichen Guerillaaktionen gegen den Feind teil. Die HPG beschreiben Sason Xelîl als aufrichtigen und opferbereiten Militanten, der seinen Mitkämpfer:innen mit seiner Haltung Kraft gab.

Die HPG sprechen den Angehörigen der Gefallenen und dem Volk Kurdistans ihr Mitgefühl aus und erklären, dass Jînda, Canda, Êrîş, Rojbûn und Sason mit ihrem Kampf Besatzung und Völkermord verhindert haben. Dieser Kampf gehe bis zum Sieg weiter, so die HPG.