Seit der türkische Staat 2015 den Krieg gegen die Kurdinnen und Kurden erneut eskaliert hat, sind zahlreiche Menschen aufgrund des politischen Vernichtungsfeldzugs in der Türkei nach Südkurdistan gegangen. Für die politischen Exilsuchenden ist das Leben in Südkurdischen aufgrund des repressiven Vorgehens der Barzanî-Partei PDK inzwischen sehr schwierig. Die südkurdische Hauptstadt Hewlêr (Erbil) ist ihnen verschlossen. Kriminelle werden hingegen mit offenen Armen empfangen.
Seit 2015 sind in der Türkei zahlreiche Politiker*innen und Aktivist*innen verhaftet worden. Um dem Gefängnis zu entgehen oder nach kurzer Haft sind Tausende Menschen ins Ausland gegangen. Ein nicht unerheblicher Teil hat es vorgezogen, in Kurdistan zu bleiben, und ist über die türkisch-irakische Grenze in den Süden gezogen, um sich dort weiter politisch zu betätigen.
Die PDK arbeitet mit dem türkischen Staat zusammen und war nicht begeistert von der Ankunft der Menschen aus dem Norden. Anfangs wurden einige von ihnen wegen ihrer Nähe zur kurdischen Befreiungsbewegung aus Hewlêr ausgewiesen und nach Kerkûk oder Silêmanî geschickt. Bei anderen wurde versucht, sie im Verhörzentrum in Pirde zur Kapitulation zu zwingen und auf Linie zu bringen. Wer die Zusammenarbeit mit der PDK ablehnte, wurde abgeschoben. Arbeitgeber wurden unter Druck gesetzt, damit sie die politischen Kurdinnen und Kurden entlassen. Einige von ihnen mussten zwangsläufig nach Europa flüchten, andere versuchen, ihr Leben in Silêmanî oder Kerkûk fortzusetzen.
Als aus dem Norden stammende junge Kurden im Juli 2019 den MIT-Verantwortlichen für Südkurdistan, Osman Köse, in Hewlêr erschossen, wurde das Vorgehen der PDK noch feindseliger. Das betraf alle politisch bewussten Menschen aus dem Norden, aber insbesondere die Bevölkerung des Flüchtlingslagers Mexmûr. Ihnen wurde der Zutritt nach Hewlêr verboten, sogar Studierende und Kranke sind von dem Verbot betroffen. Wer ohne Genehmigung in Hewlêr angetroffen wurde, wurde verhaftet und tagelang verhört. Innerhalb der letzten beiden Monate sind zwei verhaftete Männer verstorben. Einer starb zwei Tage nach seiner Entlassung, ein anderer im Gefängnis.
Neben Hewlêr sind kurdische Asylsuchende auch in Dihok unerwünscht. Beide Städte sind jedoch zu zentralen Anlaufstellen für Leute geworden, die in der Türkei gemordet oder sich an Drogenverkauf und Prostitution bereichert haben. Wenn Kriminelle aus der Türkei nach Südkurdistan kommen, ist Dihok die erste Station. Dort werden sie in Ewro City untergebracht, das hat der Asayîş - die Sicherheitskräfte in Dihok – so festgelegt. Sie bleiben eine Zeitlang dort. Dann werden einige nach Hewlêr geschickt, andere bleiben in Dihok.
Der Polizist Mustafa Ateş
Einer von ihnen ist der Polizist Mustafa Ateş, der 2017 in Mersin Volkan Düzgün erschossen hat. Der Vater des Mordopfers, Cengiz Düzgün, war Stadtratsmitglied in Mersin. Ateş ist nach dem Mord nach Dihok gekommen und war sieben Monate zu Gast in Ewro City. Dann wurde ihm ein Aufenthaltsstatus erteilt und er konnte sich in Hewlêr niederlassen. Dort arbeitet er in der Family Mall. Nach Angaben eines Beschäftigten des Asayîş in Dihok ist Ateş jetzt aktiver Geheimdienstmitarbeiter.
Drogenhändler, Zuhälter und Ex-PKKler
Der Drogenhändler und Zuhälter Yasin Atin, der außerdem des Mordes beschuldigt wird, ist aus Istanbul nach Südkurdistan gekommen. Er hat dieselbe Prozedur wie der Polizist Ateş durchgemacht und lebt jetzt in Hewlêr. Sein engster Freund ist Mehmet Babier, der auch als Zahnarzt Pola bekannt ist und sich von der PKK abgesetzt hat. Beide stehen jetzt im Dienst des PDK-Geheimdienstes Parastin und des MIT.
Von solchen Leuten gibt es Hunderte in Hewlêr. Die PDK-Leitung lässt sie gewähren und spannt sie in geheimdienstliche Tätigkeiten ein. Politischen Schutzsuchenden bleibt die Stadt versperrt.