Die Demokratische Partei der Völker (HDP) hat im Vorfeld der Kommunalwahlen in der Türkei am 31. März einen Bericht zu den unter staatliche Treuhänderschaft gestellten Kommunalverwaltungen in den kurdischen Provinzen vorgestellt. In dem in Amed (Diyarbakir) vorgelegten Bericht wird dargestellt, wie die Kommunalverwaltungen in Polizeistationen umgewandelt, die Beschäftigten entlassen, kurdische Ortsbezeichnungen verändert und kommunale Einrichtungen geschlossen worden sind.
98 der 102 kurdischen Kommunalverwaltungen sind nach dem versuchten Militärputsch vom 15. Juli 2016 per Notstandsgesetz unter staatliche Treuhänderschaft gestellt worden. Auf einer Pressekonferenz in Amed, an der auch der HDP-Ko-Vorsitzende Sezai Temelli teilnahm, wurde auf das 1921 in der türkischen Verfassung verankerte Recht auf Autonomie der Kommunalverwaltungen hingewiesen. Nach der Gründung der Republik Türkei sei dieses Recht zugunsten des Zentralstaatssystems aufgehoben worden, so die HDP.
Weiter wird in dem Bericht dargestellt, wie nach Beendigung der Friedensverhandlungen mit der kurdischen Bewegung durch den türkischen Staat in zwölf kurdischen Städten eine Ausgangssperre verhängt wurde, die mit der Zerstörung ganzer Stadtteile endete. Im Verlauf der Auseinandersetzungen sind laut Bericht 2500 Menschen ums Leben gekommen, davon 368 Zivilisten. 400.000 Menschen wurden vertrieben.
Mit dem im Ausnahmezustand erlassenen 674. Notstandsgesetz wurde dem türkischen Präsidenten die Befugnis gegeben, Treuhänder in den Kommunalverwaltungen einzusetzen. Die aus Ankara eingesetzten Zwangsverwalter erhielten das Recht, das bewegliche kommunale Eigentum zu pfänden und kommunale Angestellte zu entlassen. Die HDP bezeichnet die Zwangsverwaltung in ihrem Bericht als „ideologische Offensive“.
„Während im Westen anstelle der abgesetzten Bürgermeister Mitglieder der Ortsräte eingesetzt wurden, sind in Kurdistan Gouverneure und Landräte als direkte Vertreter des Staates zu Treuhändern ernannt worden“, so der HDP-Bericht.
Ein Abschnitt des 85 Seiten langen Berichts behandelt den Verkauf des unbeweglichen kommunalen Besitzes durch die Zwangsverwalter und den innerhalb von zwei Jahren angehäuften Schuldenberg. In einem anderen Abschnitt wird das in den ehemals 102 kurdisch regierten Ortsverwaltungen angewandte Modell einer „demokratisches, ökologischen und geschlechterbefreiten Kommunalverwaltung“ dargestellt.