HDP appelliert aus Cizîr an Verfassungsgericht
Am Mittwoch berät das türkische Verfassungsgericht über die Klage von Hinterbliebenen des Massakers von Cizîr. Die HDP hat in der nordkurdischen Kreisstadt erneut Gerechtigkeit eingefordert.
Am Mittwoch berät das türkische Verfassungsgericht über die Klage von Hinterbliebenen des Massakers von Cizîr. Die HDP hat in der nordkurdischen Kreisstadt erneut Gerechtigkeit eingefordert.
Der türkische Verfassungsgerichtshof prüft am Mittwoch eine Klage über die Rechtsverletzungen von Sicherheitskräften während der Ausgangssperre in Cizîr (tr. Cizre). Konkret geht es um die „Todeskeller”, in denen 177 Menschen 2015/2016 ums Lebens gekommen sind. Die Demokratische Partei der Völker (HDP) hat im Vorfeld der morgigen Verhandlung erneut Gerechtigkeit eingefordert.
Für die Verlesung der Presseerklärung versammelten sich HDP-Mitglieder vor der Parteizentrale in Cizîr. Das Gebäude wurde von der Polizei abgeriegelt. Da die Abgabe der Erklärung auf der Straße polizeilich mit Verweis auf die Corona-Beschränkungen verboten wurde, wichen die HDP-Mitglieder auf den Innenhof aus. Die Erklärung wurde von der Kreisverbandsvorsitzenden Güler Tunç verlesen, die ihren Mann Orhan und ihren Schwager Mehmet Tunç in einem der Todeskeller verloren hat.
Die HDP-Politikerin wies darauf hin, dass während der Ausgangssperren Hunderte Menschen getötet worden sind und der europäische Menschenrechtsgerichtshof eine Eilentscheidung getroffen hatte, wonach der türkische Staat zum Schutz des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit alle seine Möglichkeiten einsetzen müsse. „Trotz dieses Urteils und aller Bemühungen zivilgesellschaftlicher Organisationen sind diese Menschen getötet worden“, erklärte Güler Tunç.
Die Geschehnisse seien im Rahmen des vom türkischen Staat beschlossenen Vernichtungsplans erfolgt, so Tunç weiter: „Die AKP hat den Verhandlungstisch für eine Lösung umgeworfen und mit Gewalt und Verboten versucht, die Stimme des kurdischen Volkes zu unterdrücken. Unser Volk hat sich der faschistischen Regierung jedoch nicht gebeugt und bis zum äußersten Widerstand geleistet. Wir haben das Erbe dieses Widerstands übernommen und sind heute immer noch auf den Straßen. Wir werden alles dafür tun, damit die AKP für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird. In Cizîr hat ein Verbrechen an der Menschlichkeit stattgefunden, dafür gibt es etliche Belege. Es sind Menschen aus der Zivilbevölkerung ermordet worden, darunter Kinder und Alte. Die Menschen sind bis zu ihrem Tod terrorisiert worden. Die Justiz hat diese Verbrechen aus Angst vor der AKP für legitim erklärt. Das ist nicht hinnehmbar.“
Güler Tunç forderte das Verfassungsgericht auf, sich an internationale Rechtsnormen zu halten und die in Cizîr begangenen Verbrechen zu verurteilen. Andernfalls werde das höchste Gericht in der Türkei den Beleg dafür liefern, dass es von der AKP kontrolliert wird. „Wir appellieren an dieser Stelle auch an die gesamte Öffentlichkeit: Unterstützt den juristischen Kampf für Cizîr. Die Schuldigen sollen für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Die HDP-Abgeordnete Nuran Imir schloss sich dieser Forderung an und erklärte: „Der Verfassungsgerichtshof steht vor einer historischen Entscheidung. Wir werden dieses Verfahren weiter verfolgen, bis endlich Gerechtigkeit hergestellt wird.“