Zu seinem zweiten Todestag wurde in Silêmanî dem kurdischen Revolutionär Diyar Xerib (Nom de Guerre: Helmet) gedacht. Xerib, der Mitglied des Präsidialrates der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) und des PKK-Zentralkomitees war, starb am 5. Juli 2019 bei einem gezielten Luftangriff der türkischen Armee in Qendîl. Mit ihm zusammen sind auch die beiden Guerillakämpfer Abdulkadir Aslan (Şahin Dicle) und Murat Gündüz (Devran Canfeda) ums Leben gekommen.
Die Gedenkfeier wurde in einem Park unweit des Elternhauses von Diyar Xerib im Viertel Bextiyari begangen und begann mit einer Schweigeminute für die Gefallenen des kurdischen Befreiungskampfes. Nachdem ein Kinderchor aus Germiyan ein für Xerib komponiertes Lied vortrug, wurden Redebeiträge gehalten. Zuerst sprach seine Schwester Lave Xerib. Sie würdigte den Kampf ihres Bruders und rief dazu auf, seinen unvollendeten Widerstand fortzusetzen. „Heval Diyars Weg war der einzig richtige, den es für die Freiheit Kurdistans zu bestreiten gilt. Mein Bruder ging ihn und wir als seine Familie möchten, dass andere ihn in seinem Sinne fortsetzen.“
Danach sprach Dayîka Sara von der Initiative der Friedensmütter im Flüchtlingslager Mexmûr. Sie beschrieb Diyar Xerib als einen „Pionier der Revolution Kurdistans“. Die kurdische Gesellschaft sollte die Verwirklichung seiner Träume zu ihrer Pflicht erklären, sagte die Aktivistin.
Zu der öffentlichen Gedenkfeier sind hunderte Menschen gekommen
Unter den vielen Anwesenden waren auch zahlreiche Intellektuelle aus Südkurdistan sowie Dichterinnen und Dichter. Einige von ihnen traten ans Mikrofon und trugen ihre Werke vor. Unter ihnen war auch Halo Bêkes, der Sohn des berühmten kurdischen Dichters Şêrko Bêkes. Es folgte ein Beitrag von der Ko-Vorsitzenden der Bewegung Tevgera Azadî, Tara Hisên, die auf die Rolle örtlicher Kollaborateure beim tödlichen Anschlag auf Diyar Xerib machte. Um ihm würdig zu gedenken, sei eine klare Position gegen die türkische Besatzung und die „Linie des Verrats“ nötig.
Im Anschluss wurde ein Nachruf der KCK auf Diyar Xerib und die Kämpfer Abdulkadir Aslan und Murat Gündüz verlesen: „Wir erklären, dass unsere Entschlossenheit, den Kampf auszuweiten und den Sieg zu erringen, größer denn je ist, um das Ziel eines demokratischen und freien Kurdistans, für das unsere drei Weggefährten ihr Leben ließen, und den Traum von einem freien Leben, einer freien Gesellschaft und einer freien Menschheit, zu verwirklichen.“
Der Name von Diyar Xerib stehe für eine Haltung von tief verbundener Liebe zu den Werten der kurdischen Gesellschaft und dem Ideal, eine auf Freiheit und Demokratie basierende nationale Einheit aufzubauen, hieß es weiter. „Heval Helmets Name steht synonym für den Widerstand, die Revolution und den revolutionären Versuch, die Besatzung zu überwinden und Kurdistan zu demokratisieren. Er wird stets in unseren Herzen bleiben und unseren Weg erleuchten.“
Zum Ende der Gedenkfeier wurde ein Film über das Leben von Diyar Xerib gezeigt. Bevor sich die Gäste verabschiedeten, wurden Parolen skandiert: „Gefallene sind unsterblich“, „Helmet ist unsterblich“ und „Nieder mit dem Verrat“.
Diyar Xerib
Diyar Xerib wurde 1973 als viertes Kind einer bekannten Familie in einem Dorf in Qeredax/Silêmanî geboren, die die „Anfal-Operation” überlebte. Unter diesem Namen hat das irakische Baath-Regime zwischen 1986 und 1989 bis zu 182.000 Kurd:innen und Angehörige christlicher Minderheiten getötet. Diyar Xeribs ein Jahr älterer Bruder Dilêr war während der Aufstände in Südkurdistan gegen das irakische Baath-Regime Peschmerga-Kämpfer und kam 1991 in Kerkûk ums Leben.
Seine Eltern sind gebildete Menschen, die einen prägenden Einfluss auf die Entwicklung von Diyar Xerib hatten. Er selbst sagte einmal: „Meine erste Lehrerin in meinem Kampfleben war meine Mutter.“ Bereits als Jugendlicher interessierte er sich für die Geschichte Kurdistans und stellte Nachforschungen an. Nach Abschluss des Gymnasiums in Silêmanî studierte er Physik in Hewlêr (Erbil). Nach dem Tod seines Bruders begann ein neuer Lebensabschnitt für ihn. Als Student hörte er erstmalig von der PKK und Abdullah Öcalan. Nach dem Aufstand in Südkurdistan im Jahr 1991 bekam er Kontakt zur kurdischen Befreiungsbewegung und schloss sich 1996 der PKK an. 1997 bekam er die Gelegenheit, an die von Abdullah Öcalan geleitete Parteiakademie zu gehen. Sein dort erlangtes ideologisches und politisches Wissen gab er anschließend an neue Kämpferinnen und Kämpfer weiter, die sich in der Grundausbildung befanden.
2002 gründete Diyar Xerib gemeinsam mit anderen in Südkurdistan die „Partei für eine politische Lösung in Kurdistan“ (ku. Partiya Çareseriya Demokratik a Kurdistanê, PÇDK) und trug mit seinem Wissen und Bewusstsein viel zur Entwicklung der Partei bei. Von 2008 bis 2014 bekleidete er das Amt des Vorsitzenden bzw. später Ko-Vorsitzenden. 2014 wurde er in den Präsidialrat der KCK gewählt. Bis zu seinem Tod war er gleichzeitig Mitglied des PKK-Rates. In der Bildungsakademie der KCK gab er politischen Unterricht.
Diyar Xerib wurde mit seiner Willensstärke und Überzeugung in seinem 25 Jahre währenden Kampf zu einem Symbol für die Entstehung einer vereinten kurdischen Nation und den Widerstand gegen den Kolonialismus. Er schrieb in dieser Zeit sechs Bücher und zahlreiche Artikel über die kurdische Geschichte und die Situation in Südkurdistan.