Für Frieden, Freiheit und Demokratie: Hunderttausende bei Newroz in Amed

Die große Newroz-Feier im kurdischen Amed ist mit eindrucksvollen politischen Botschaften und der zentralen Forderung nach Freiheit, Frieden und Demokratie zu Ende gegangen. Hunderttausende feierten ihr Fest ihr Fest des Widerstands.

Ein Fest für Freiheit, Frieden und Demokratie

Die große Newroz-Feier im kurdischen Amed (Diyarbakır) ist mit eindrucksvollen politischen Botschaften und der zentralen Forderung nach Freiheit und Demokratie zu Ende gegangen. Unter dem Motto „Freie Führung – Demokratische Gesellschaft“ versammelten sich Hunderttausende im Newroz-Park im Stadtteil Rezan (Bağlar), um den Beginn des neuen Jahres und den historischen Widerstandsgeist zu feiern. Im Zentrum der Veranstaltung stand der Aufruf des PKK-Begründers Abdullah Öcalan für Frieden und eine demokratische Gesellschaft und die Forderung nach einer Lösung der kurdischen Frage.

„Jin, Jiyan, Azadî“

Schon in den frühen Morgenstunden strömten vor allem viele junge Menschen und Frauen auf das Festgelände. Das riesige Areal war bald bis zum letzten Platz gefüllt. Immer wieder ertönten die Rufe „Bijî Serok Apo“ (Es lebe der Vorsitzende Apo) und „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frau, Leben, Freiheit).

Der Auftakt der Feierlichkeiten war das Entzünden des traditionellen Newroz-Feuers. Es folgte eine Schweigeminute für jene, die im Kampf für Freiheit und Demokratie ihr Leben ließen. Zahlreiche politische Vertreter:innen, Intellektuelle, Künstler:innen und Aktivist:innen nahmen auf der Gäste-Plattform Platz.

Freiheit, Gleichheit und eine klare Botschaft

Gülşen Özer vom Newroz-Komitee erinnerte in ihrer Rede an den Studenten Kemal Kurkut, der am Rande der Newroz-Feier 2017 in Amed von der türkischen Polizei erschossen wurde, und an die Newroz-Gefallenen der kurdischen Befreiungsbewegung. „Wir zünden das Newroz-Feuer für Freiheit und Frieden. Unser Gruß geht an alle politischen Gefangenen, insbesondere an Herrn Abdullah Öcalan“, sagte sie unter dem Applaus der Menge.

Die Ko-Oberbürgermeisterin von Amed, Serra Bucak, betonte die Rolle der Widerstandshochburg als „Stadt des Friedens, der Freiheit und der Gleichheit“. Sie hob die Bedeutung der organisierten Jugend und der Frauenbewegung hervor: „Diese Kraft ist eure Kraft, diese Entscheidung ist eure Entscheidung“, so Bucak. Auch sie unterstrich die Forderung nach der Freilassung Öcalans und erklärte: „Dies ist euer Erfolg.“

Appelle politischer Gefangener und Botschaften

Eine zentrale Botschaft kam von politischen Gefangenen, verlesen von der DEM- Abgeordneten Sümeyye Boz. Darin hieß es: „Der Aufruf zu Frieden und Demokratie öffnet in allen Regionen – von Kurdistan bis Rojava, vom Mittelmeer bis zum Euphrat – die Türen zum Frühling der Völker.“ Die Gefangenen betonten, dass es dringend sei, die Isolationshaft Öcalans zu beenden: „Ein Baum, der Wurzeln schlägt, braucht Wasser. So braucht auch dieser Prozess rechtliche und politische Bedingungen, um wachsen zu können.“

Tuncel: Der Staat muss Schritte zum Frieden setzen

Die ehemalige Abgeordnete und Aktivistin der Bewegung freier Frauen (TJA), Sebahat Tuncel, kritisierte in ihrer Rede das anhaltende Schweigen des Staates auf Öcalans Vorschläge zu einem Friedensprozess und einer politischen Lösung der kurdischen Frage: „Wie wollt ihr den Weg zum Frieden ebnen, wenn ihr nicht bereit seid, auch nur einen Schritt zu gehen?“ Sie betonte, dass der Aufbau einer demokratischen Gesellschaft in der Verantwortung der Bevölkerung liege, während der Staat seiner Rolle als Friedensstifter gerecht werden müsse.

Newroz-Gruß von Özgür Özel, Mesûd Barzanî und Bafel Talabanî

Auch der Vorsitzende der oppositionellen CHP, Özgür Özel, sendete eine Grußbotschaft nach Amed: „Wir bauen gemeinsam ein Land auf, in dem alle Menschen auf Basis gleichberechtigter Bürgerschaft zusammenleben.“ Er hob die Bedeutung von kultureller Vielfalt, Gerechtigkeit und demokratischem Zusammenhalt hervor. Der Vorsitzende der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK), Mesûd Barzanî, äußerte in seinem schriftlich übermittelten Gruß die Hoffnung auf eine baldige Freilassung Öcalans. Sein Parteikollege Serbest Lezgin, der die Botschaft verlas, betonte: „Frieden ist der einzige Weg zur Lösung.“ Bafel Talabanî, Vorsitzender der Patriotischen Union Kurdistans (YNK), erklärte in einer Botschaft: „Newroz ist die Zeit, gemeinsam für den Sieg Kurdistans und einen dauerhaften Frieden einzutreten.“

Bakırhan: Der dritte Weg führt uns zu Frieden

Der Ko-Vorsitzende der DEM-Partei, Tuncer Bakırhan, hielt eine längere Rede. Er begrüßte die zahlreichen Teilnehmer:innen und würdigte das Fest als Symbol des Widerstands und der Hoffnung für die gesamte Region. Bakırhan hob die zentrale Bedeutung Ameds und des kurdischen Newroz für die Aufmerksamkeit im In- und Ausland hervor und widmete das Fest Abdullah Öcalan, den er als Wegbereiter des kurdischen Newroz bezeichnete.

Ein zentrales Thema der Rede war der historische Aufruf Öcalans vom 27. Februar, den Bakırhan als historischen Wendepunkt und Meilenstein für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage bezeichnete. Dieser Aufruf sei ein Appell für Frieden, gemeinsames Leben und einen demokratischen Gesellschaftsvertrag zwischen den Völkern Mesopotamiens und Anatoliens.


Bakırhan forderte die türkische Regierung auf, den Dialog mit den Kurd:innen zu suchen und zu stärken – sowohl im Inland als auch außenpolitisch in Nord- und Ostsyrien sowie der Kurdistan-Region des Irak. Eine feindliche Haltung gegenüber den Kurd:innen außerhalb der Türkei bringe niemandem Nutzen; stattdessen seien Dialog, Partnerschaft und Versöhnung erforderlich – insbesondere im Kontext des syrischen Konflikts.

Er betonte, dass Frieden keine Niederlage, sondern ein gemeinsamer Gewinn sei. Die Türkei müsse die historische Chance ergreifen, die kurdische Frage nicht weiter zu leugnen oder zu unterdrücken, sondern endlich demokratisch zu lösen. Dies sei der Schlüssel zu einem dauerhaften Frieden und einer gerechten Zukunft für alle.

Bakırhan kritisierte scharf die repressive Politik der Regierung – insbesondere die Zwangsverwaltungen über oppositionsregierte Gemeinden, die politischen Operationen gegen die CHP und DEM sowie die Zivilgesellschaft und die Angriffe auf Rojava. Diese würden die Gesellschaft weiter spalten und das Land in eine politische Turbulenz führen.

Zum Schluss rief der Politiker alle demokratischen Kräfte auf, sich dem „Dritten Weg“ der DEM-Partei anzuschließen – einem Weg jenseits der traditionellen politischen Lager, der auf Frieden, Gleichheit, Gerechtigkeit und Freiheit basiert. Mit der Hoffnung auf eine demokratische Republik bekräftigte Bakırhan, dass dieser Weg – inspiriert vom Geist des Newroz – zur Versöhnung und zum Frieden führen werde.

Newroz als politisches Signal

Die Feier in Amed war nicht nur Ausdruck kultureller Identität, sondern ein starkes politisches Signal. Sie verband Hoffnung mit klaren Forderungen: nach einem Ende der Repression, der Freilassung Abdullah Öcalans und der Öffnung demokratischer Räume. Newroz 2025 wurde in Amed zur Plattform für eine klare Botschaft: Frieden ist nur möglich mit Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und der Anerkennung der kurdischen Identität und Rechte. Die Worte aus der Abschlusserklärung der politischen Gefangenen bringen es auf den Punkt: „Heute ist der Tag, den Kampf auszuweiten. Newroz in Amed ist ein Ausdruck des Willens zu Lösung und Frieden.“