Vorletztes Saisonspiel, erneuter Sieg: Die Spieler von Amed SK haben in der TFF 2. Lig drei wichtige Punkte geholt. Am Sonntagnachmittag gewann die Mannschaft von Mesut Bakkal beim Auswärtsspiel in Soma bei Manisa mit 1:0. Das Tor schoss Oktay Aydın in der 49. Minute. Eine Dreiviertelstunde später brach in der Stadt des Vereins grenzenloser Jubel aus.
Tausende Fans strömten in einem Sternmarsch in die City und feierten mit Hupkonzerten und Autokorsos, Pyrotechnik und dem türkischsprachigen Song „Diren Ha Diyarbekir“ nicht nur den Erfolg ihrer Mannschaft, sondern auch den sich abzeichnenden Aufstieg des Tabellenführers der Gruppe Rot in der dritthöchsten Liga. Denn selbst wenn Amed SK beim letzten Spieltag der Saison 2023/2024 kommenden Sonntag dem in Izmir ansässigen Verein Menemenspor unterliegen sollte, gilt der Aufstieg in die TFF 1. Lig, und damit in die zweithöchste professionelle Spielklasse im türkischen Fußball, als sicher.
Amed SK: Wesentlich für kurdische Fußballkultur
Der erstmals 1976 gegründete Fußballclub Amed SK, auch bekannt als Amedspor, ist in Nordkurdistan verwurzelt. Seinen heutigen Namen trägt er allerdings erst seit 2015. Der zuvor „Diyarbakır BB” benannte Verein wurde 2015, als sich die Türkei und die kurdische Freiheitsbewegung in Friedensverhandlungen und einer Phase der Entspannung befanden, in Amed SK umbenannt. Seit der Namensänderung erfreut sich der Verein einer großen Beliebtheit – nicht nur im Norden Kurdistans. Diese Popularität zeigt sich insbesondere auch in der Struktur des Vereins: Entscheidungen werden basisdemokratisch getroffen, Fans, Spieler und Funktionäre entscheiden Hand in Hand über Belange des Vereins.
Die Feiern in Amed dauerten bis in die Nacht hinein
Doch als der türkische Staat im Sommer 2015 den Krieg gegen die kurdische Bewegung wieder aufnahm und dem Land damit erneut eine faschistische Staatsordnung verliehen wurde, eskalierte die Lage auch für Amedspor. Kein anderer Verein in der Türkei wird vom türkischen Fußballverband TFF mit derartiger Repression überzogen: Zwischen Januar 2016 und Februar 2019 bestand ein fast durchgängig andauerndes Auswärtsverbot. Systematische Disziplinarverfahren, willkürliche Geldstrafen sowie Provokationen und Übergriffe durch türkische Sicherheitskräfte und gegnerische Fans gehören mittlerweile zur Norm. Die staatlich kontrollierten Medien verschreien Amedspor als „Terroristenclub“.
Auch die Mütter der Fans feierten mit
Vor gut einem Jahr war es bei einem Auswärtsspiel im westtürkischen Bursa zu einem organisierten Lynchversuch gegen Amed SK gekommen. Ziel der teils massiven Übergriffe waren sowohl Spieler als auch Verantwortliche des Vereins, beteiligt daran neben Spielern und Fans von Bursa auch staatliche Sicherheitskräfte. Neben den Spielern des Vereins sind es auch Mitglieder der Fangruppe Direniş (Widerstand), die bei nahezu jedem Auswärtsspiel mit psychologischen Angriffen, rassistischen Parolen und Verwünschungen von Seiten der gegnerischen Fans konfrontiert werden. Doch auch bei Heimspielen kommt es regelmäßig zu Anfeindungen und Repression. Denn Amed SK und seine Fanszene haben eine kurdische Identität – die gegen den tief im türkischen Fußball verankerten Faschismus prallt.