„Das Rathaus gehört uns“

Seit zwei Wochen wird in Amed, Wan und Mêrdîn gegen die Zwangsverwaltung protestiert. „Das Rathaus gehört uns. Wir können uns selbst verwalten“, sagen die Aktivistinnen in Mêrdîn.

Gegen den vom türkischen Innenministerium im Rathaus von Mêrdîn eingesetzten Zwangsverwalter wird seit zwei Wochen mit einer Mahnwache protestiert. Jeden Tag mit dabei sind Frauen, die für ihre Rechte kämpfen. In den ersten Tagen wurden sie mit Tränengas und Schlagstöcken von der Polizei angegriffen. Durch die Polizeigewalt lassen sie sich jedoch nicht abschrecken.

Süreyya Yılmaz geht jeden Tag auf die Straße, um gegen die Absetzung des Oberbürgermeisters Ahmet Türk zu protestieren. „Wir werden uns das Rathaus zurückholen. Dieses Rathaus gehört uns. Wir haben es mit größten Mühen gewonnen und werden es nicht aufgeben. Was will Erdoğan denn noch von uns? Für dieses Rathaus sind unsere Kinder gestorben und wir werden uns bis zum letzten Blutstropfen dafür einsetzen.“

Ayten Günay, eine weitere Aktivistin, will den Zwangsverwalter auf keinen Fall hinnehmen: „Es gibt keine Forderung, die ich ihm vortragen könnte. Wir waren schon immer hier. Auch unser Bürgermeister stammt von hier. Wir wollen keinen Zwangsverwalter, den wir nicht gewählt haben. Er soll in seine eigene Gegend zurückkehren und dort als Statthalter tätig sein. Wir können uns selbst verwalten. Wir sind hier auf der Straße, weil wir unser Wahlrecht und uns selbst verteidigen wollen.“

Es ist unser Rathaus

Şükriye Ögmen kommt jeden Tag aus der Kreisstadt Stewrê (Savur) nach Mêrdîn, um an den Protesten teilzunehmen: „Dieses Rathaus ist unser Rathaus. Die Bürgermeister sind die Menschen, die wir gewählt haben. Wir lassen sie nicht im Stich. Ich bin für mich selbst und für uns alle hier. Wir sollten zu Tausenden gegen den Zwangsverwalter kämpfen.“

Havlet Öncü meint, dass die Absetzung der Bürgermeister illegal ist: „Die Begründung für die Zwangsverwaltung ist peinlich. Was reden sie über unser System der Doppelspitze? Um dieses Rathaus zu gewinnen, haben wir hart gearbeitet. Wir können nicht zulassen, dass unsere Arbeit zunichtegemacht wird. Das ist unmenschlich. Ich werde weiter Widerstand leisten, solange meine Kraft reicht.“

Die Aktivistin Sebahat Irmak sagt: „Die Kurden haben alle Errungenschaften den jungen Menschen zu verdanken, die dafür gestorben sind. Ich kann jetzt nicht zu Hause sitzen und leise trauern, weil ein Zwangsverwalter eingesetzt worden ist. Selbst wenn ich nichts ausrichten kann, will ich zumindest meine Wut herausschreien. Ich bin gegen Unterdrückung und ich nehme Unrecht nicht hin. Niemand sollte zu Hause bleiben. Es geschieht Unrecht und wir müssen dagegen vorgehen.“

Wie die anderen Frauen ist auch Ayşe Saman eine Mutter. Das Kämpfen gehört zum Schicksal der Kurden, sagt sie: „Ich bin gekommen, um Widerstand zu leisten. Das habe ich von meinen Kindern gelernt.“