Aysel Doğan unter Polizeiblockade beigesetzt

Nach dem Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern gegen die Trauergemeinde ist Aysel Doğan in Dersim beerdigt worden – allerdings unter Polizeiblockade. Zuvor wurde der Leichenwagen verschleppt. Der türkische Staat führt selbst gegen tote Kurd:innen Krieg.

Nach der verhinderten Verabschiedung des Leichnams von Aysel Doğan aus ihrem Geburtshaus in Dersim ist die kürzlich an den Folgen einer schweren Krebserkrankung im deutschen Exil verstorbene kurdische Politikerin beigesetzt worden – allerdings unter einer Polizeiblockade. Nur Verwandten ersten Grades wurde der Zutritt auf den Friedhof in Pilemor (tr. Pülümür) gestattet. Die aus mehreren hundert Menschen bestehende Trauergemeinde durfte die mit zahlreichen Panzerfahrzeugen eingekesselte Ruhestätte nicht betreten.

Nach den teils heftigen Angriffen der Polizei gegen die Trauergemeinde, die auf der Seyidli-Brücke im Kreis Mêzgir (Mazgirt) als Reaktion auf die verweigerte Durchfahrt des Konvois bis zum Geburtshaus Doğans einen Sitzstreik auf der Straße Richtung Zentral-Dersim durchführte, spielten sich die gleichen Szenen auch vor dem Friedhofseingang ab. Doch zuvor waren die HDP-Abgeordneten Ebru Günay und Ömer Öcalan mit weiteren Trauernden in das Viertel Gazik gefahren. Da die Polizei nicht mit sich verhandeln ließ und eine Verabschiedung Aysel Doğans nach der alevitischen Tradition aus ihrem Geburtshaus damit unmöglich wurde, wollte man im elterlichen Haus der Toten gemeinsam mit ihrer Schwester Mensure Doğan ein Segensgebet zum Abschied sprechen.


Es waren emotionale Szenen, die sich abspielten. Mensure Doğan bezeichnete den Umgang der türkischen Polizei mit dem Leichnam ihrer Schwester und den Trauergästen als „menschenverachtende Respektlosigkeit“. Ebru Günay, die den Sarg am Vormittag am Flughafen in Amed (Diyarbakır) empfangen und bis nach Dersim begleitet hatte, ergänzte: „Diese Mentalität der Bevölkerung Dersims gegenüber kennen wir seit 1938“. In jenem Jahr führte der türkische Staat einen Genozid in der alevitisch-kurdischen Widerstandsprovinz durch. Etwa 70.000 bis 80.000 Menschen wurden getötet.

Zur selben Zeit hatte die Polizei den Friedhof in Pilemor bereits umstellt. Um den Protest dort zu unterbinden und die Menge auseinanderzutreiben, gingen Sicherheitskräfte erneut mit Wasserwerfern und Tränengaspatronen gegen die Trauergemeinde vor. Der Journalist Ozan Yıldırım brach zusammen und wurde in ein Krankenhaus gebracht. Weitere Personen wurden leicht verletzt. Mitten in den chaotischen Zustände verschleppte die Polizei kurzerhand den Leichenwagen mit dem Sarg von Aysel Doğan. Das Fahrzeug wurde in Begleitung mehrerer Panzerwagen über einen anderen Eingang auf den Friedhof eskortiert. Nur die Familienangehörigen durften an der Bestattung teilnehmen. Der türkische Staat führt selbst gegen tote Kurd:innen Krieg.