Auswirkungen von Militarisierung und Krieg auf Kinder

In der Türkei sind in den vergangenen zehn Jahren 67 Kinder durch gepanzerte Fahrzeuge, Minen oder Überreste von Konflikten und Krieg getötet worden. 66 dieser Kinder lebten in Kurdistan.

Nach Angaben der Anwaltskammer Amed (tr. Diyarbakır) sind in zehn Jahren 67 Kinder durch gepanzerte Fahrzeuge, Minen oder Überreste von Konflikten und Kriegen in der Türkei getötet worden. 66 dieser 67 getöteten Kinder stammten aus den kurdischen Provinzen. Ein entsprechender Bericht ist am Mittwoch in der Anwaltskammer vorgestellt worden. An der Pressekonferenz nahmen neben dem Kammerpräsidenten Nahit Eren und Mitgliedern des Komitees für Kinderrechte auch Vertreter:innen der Menschenrechtsstiftung Türkei (TİHV) teil.

Vorstellung des Berichts in der Anwaltskammer Amed

Politik der Straflosigkeit führt zu weiteren Rechtsverletzungen

Der Bericht deckt die Jahre zwischen 2011 und 2021 ab und macht auf die Straflosigkeit bei den anschließenden Gerichtsverfahren aufmerksam. Unter anderem enthält der Bericht Informationen über die Akten und Gerichtsentscheidungen zum Tod von Efe Tektekin (5), der am 11. September 2019 in Diyarbakır von einem gepanzerten Fahrzeug überfahren wurde; den Brüdern Muhammed Yıldırım (7) und Furkan Yıldırım (6), die am 4. Mai 2017 im Schlaf in der Wohnung ihrer Familie in Silopiya ums Leben kamen, als ein gepanzertes Fahrzeug die Hauswand durchbrach, und Helin Hasret Şen (12), die am 12. Oktober 2015 im Altstadtbezirk Sur in Amed durch Schüsse aus einem gepanzerten Fahrzeugs getötet wurde. In dem Bericht wird festgestellt, dass die Gerichtsverfahren in diesen Fällen ohne eine Verurteilung der Täter endeten. Die Anwaltskammer betont, dass eine solche Politik der Straflosigkeit für die Täter eine Hauptursache für die Fortsetzung solcher Übergriffe ist.

49 Kinder von gepanzerten Fahrzeugen überfahren

Aus dem Bericht geht hervor, dass in den letzten 10 Jahren in der Türkei 22 Kinder durch gepanzerte Fahrzeuge ums Leben gekommen sind und 27 Kinder verletzt wurden. Während 21 der verstorbenen Kinder in den mehrheitlich kurdischen Provinzen lebten, befand sich ein Kind in der westlichen Marmara-Region. Aus dem Abschnitt des Berichts über „Verletzungen der Kinderrechte durch Minen und Rückstände aus Konflikten und Krieg" geht hervor, dass auch die meisten dieser Fälle in Kurdistan stattgefunden haben: Im Osten der Türkei kamen 55 Kinder ums Leben, im Westen insgesamt neun. In den kurdischen Provinzen wurden zudem 126 Kinder verletzt.

Der Vorsitzende der Anwaltskammer, Nahit Eren, wies darauf hin, dass die Zahl der Rechtsverletzungen nach 2015, als der Lösungsprozess für die kurdische Frage beendet wurde, zugenommen habe.

Empfehlungen im Bericht

Im Schlussteil des Berichts gibt die Anwaltskammer auch eine Reihe von Empfehlungen zur Verhinderung des Todes von Kindern durch gepanzerte Fahrzeuge oder Explosionen von Minen und Kriegsüberresten.

Der Bericht unterstreicht die Bedeutung der Minenräumung in diesem Zusammenhang und weist darauf hin, dass der Staat seinen Verpflichtungen aus dem Ottawa-Vertrag rasch nachkommen sollte. Die Anwaltskammer fordert eine Änderung der Straßenverkehrsordnung und empfiehlt, gepanzerte Fahrzeuge aus den Stadtzentren zu verbannen oder ihren Einsatz zu minimieren. Wenn ein vollständiges Verbot nicht möglich ist, sollte sichergestellt werden, dass sie sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen in den Städten halten. In diesem Zusammenhang unterstreicht der Bericht auch, wie wichtig es ist, dass die Fahrer dieser Fahrzeuge die erforderlichen Führerscheine und sonstigen Genehmigungen erhalten und psychosoziale Unterstützung für die Fahrer erhalten.

Zum Abschluss des Berichts spricht die Anwaltskammer auch Empfehlungen für Kinder aus, die bei Unfällen mit gepanzerten Fahrzeugen und Explosionen von Minen und Kriegsresten verletzt wurden, wie z.B. Rehabilitationszentren und die kostenlose Bereitstellung von Prothesen und deren Erneuerung entsprechend dem tatsächlichen Bedarf anstelle von festen Zeiträumen, da Kinder schnell wachsen, sowie Maßnahmen, die den Bedürfnissen der Kinder nach wirtschaftlicher und sozialer Unterstützung entsprechen. Die Anwaltskammer fordert außerdem eine wirksame Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung solcher Vorfälle und fordert ein Ende der Straflosigkeit.