Artillerieangriffe bei Militäroperation in Licê

Seit Tagen führt die türkische Armee im Landkreis Licê in Amed eine Operation gegen vermutete Guerillaeinheiten durch. Neben Waldrodungen kommt es zu intensiven und koordinierten Luft- und Bodenangriffen.

Seit Wochen finden im nordkurdischen Licê in Amed (tr. Diyarbakir) immer wieder Operationen der türkischen Armee statt. Die letzte Offensive wurde am vergangenen Mittwoch eingeleitet und konzentriert sich auf die ländliche Gegend der Siedlungen Zengesor (Akçabudak) und Mizak (Kılıçlı) im Nordosten des Landkreises. Wie die kurdische Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) meldet, kommt es im Operationsgebiet seit zwei Tagen zu koordinierten Luft- und Bodenangriffen. Vor allem Mizak werde intensiv von unbemannten Kampfdrohnen unter Beschuss gesetzt.

An der Operation in Licê beteiligen sich neben Landstreitkräften und der türkischen Luftwaffe auch die sogenannten Dorfschützer. Am Donnerstag beobachteten MA-Quellen den Transfer von sieben Fahrzeugen mit den Paramilitärs ins Operationsgebiet, kommend aus Qabilcewz (Sason) in der benachbarten Provinz Êlih (Batman). Die Verlegung der Dorfschützer nach Licê hatte in Schulbussen stattgefunden. Sie werden in erster Linie für die systematische Waldrodung in Licê eingesetzt, um Rückzugsgebiete der Guerilla zu erfassen.

Laut MA soll es bereits zu ersten Gefechten zwischen Militär und Guerilla gekommen sein. Sporadische Schusswechsel seien ebenfalls weiterhin zu vernehmen. Die Volksverteidigungskräfte (HPG) haben sich zu den Geschehnissen in Licê bislang nicht geäußert.

Was sind Dorfschützer?

Dorfschützer sind paramilitärische Einheiten, die in Kurdistan gegen die Guerilla und regierungskritische Kurd:innen eingesetzt werden. Sie bestehen zu einem beträchtlichen Teil aus Stammesführern, Großgrundbesitzern, Familien und Einzelpersonen, die oft seit Jahrzehnten mit dem Staat zusammenarbeiten und versuchen, in Kurdistan für die Interessen des Staates einzutreten. Ein Teil der Dorfschützer tritt diesem System freiwillig bei, andere werden mit Mord, Verhaftung und Vertreibung bedroht und müssen unter Druck Dorfschützer werden. Viele Kurd:innen, die eine Kollaboration abgelehnt haben, mussten entweder flüchten oder sich dem Druck des Militärs und der Dorfschützer beugen. Tausende kurdische Dörfer, die das Dorfschützersystem ablehnten, wurden in den 1990er Jahren vom Staat niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht.