Aktuelle Situation in Qendîl

ANF-Korrespondent Rêbaz Hesen hat die Truppenkonzentration der PDK in der Region Zinê Wertê in den Qendîl-Bergen mit seiner Kamera dokumentiert. Das Gebiet wird ohne Unterbrechung von Kampfbombern und Drohnen der türkischen Armee überflogen.

Die PDK hat militärische Kräfte in Zinê Wertê zusammengezogen. Das Gebiet Wertê liegt im Wadi Şawrê in 35 Kilometer Entfernung der Ortschaft Ranya. Die Verbindungsstraße zwischen Çoman und Ranya führt durch dieses Gebiet, eine Schlucht zwischen den Bergen Qendîl und Karox. Damit handelt es sich um ein Gebiet von militärstrategischer Bedeutung. Von hier aus können mit Leichtigkeit die Wadis Şawrê und Zergele in Qendîl kontrolliert werden.

Das Gebiet ist in der Geschichte immer von revolutionären Bewegungen Kurdistans genutzt worden. Bis zum Aufstand 1975 in Südkurdistan (kurdisch: Raperîn) war es wichtiges Basisgebiet für die YNK-Peschmerga, die einen Guerillakampf gegen das irakische Baath-Regime führten. Nach 1991 fanden dort heftige Kämpfe zwischen PDK und YNK statt. Nach Beendigung dieses Krieges und einer Einigung zwischen beiden Parteien fiel das Gebiet unter die Kontrolle der YNK.

Seit 1991 bis zum März dieses Jahres war es das sicherste Gebiet in Südkurdistan. Es gab keinerlei militärische oder politische Konflikte. Im Jahr 2000 fiel das Gebiet unter die Kontrolle der Guerilla. Die PKK ließ Bewegungen der PDK und YNK zu und ermöglichte die Nutzung der Region durch die Bevölkerung. Auch die Präsenz einer kleinen Peschmerga-Einheit der YNK wurde gestattet.

Ende März verlegte die PDK das 7. Çoman-Bataillon nach Zinê Wertê. Als Begründung wurde die Corona-Pandemie angegeben. Innerhalb kurzer Zeit stellte sich heraus, dass etwas anderes damit bezweckt wurde: Die Vorbereitung auf einen Angriff und die Besatzung von Qendîl.

Der von der PKK und anderen politischen Parteien geforderte Rückzug der PDK aus dem Gebiet ist bisher nicht erfolgt. Vielmehr versucht die PDK ihre Stellung auszubauen, indem sie weitere Kräfte dorthin verlegt. Auch die Zêrevan-Einheit, eine Sondertruppe der PDK, ist in die Region entsendet worden und positioniert sich im Umland. Der Konflikt wird damit weiter verschärft. Noch nicht bestätigten Angaben zufolge sollen sich auch Angehörige der „Roj-Peschmerga“ unter den in die Region entsandten Kräften befinden.

Wie Dorfbewohner aus Dola Şawrê und Wertê mitteilen, befinden sich unter den PDK-Peschmerga auch Türkisch sprechende Personen mit Überwachungsgeräten. Laut den Dorfbewohnern handelt es sich um Angehörige des türkischen Geheimdienstes MIT. Parallel zu der Truppenkonzentration der PDK überfliegen permanent Kampfbomber und Aufklärungsdrohnen der türkischen Armee die Region.

Die Bevölkerung der Region und politische Kräfte in Südkurdistan fordern einen Rückzug der PDK. Andernfalls sei ein innerkurdischer Krieg unvermeidlich und dafür trage die PDK die Verantwortung.