PKK-Kulturkomitee erinnert an Halil Uysal

Vor 17 Jahren ist der Regisseur Halil Uysal in einem Hinterhalt der türkischen Armee in Besta ums Leben gekommen. Das PKK-Kulturkomitee Tev-Çand erinnert an den revolutionären Filmemacher in einem emotionalen Nachruf.

Chronist der Berge und Stimme des freien Lebens

Am 1. April 2008 kam der kurdische Filmemacher, Fotograf und Guerillakämpfer Halil Uysal, auch bekannt als Halil Dağ, bei einem Hinterhalt der türkischen Armee in den Bergen von Besta in der nordkurdischen Provinz Şirnex (tr. Şırnak) ums Leben. Mit ihm verlor die kurdische Freiheitsbewegung nicht nur einen Kämpfer, sondern auch einen ihrer einfühlsamsten Künstler und Chronisten.

Halil Uysal war vieles zugleich: Autor, Fotograf, Regisseur, Kämpfer, Weggefährte – und vor allem: ein Mensch der Berge. Mit unvergleichlicher Energie und tiefer Hingabe widmete er sein Leben der Kunst und dem Freiheitskampf, denen er eine gemeinsame Stimme verlieh. In den Höhenzügen Kurdistans leistete er jahrelang ununterbrochene Arbeit. Was er hinterlässt, ist ein reiches und kostbares Erbe für die kurdische Bewegung und darüber hinaus.

„Eine Kamera und unsere Kameradschaft – das ist alles, was wir brauchen“

Halil Uysal war überzeugt: Die Wahrheit der Berge, das Leben der Guerilla und der Geist des Widerstands lassen sich mit einer Kamera und echtem Vertrauen unter Gefährt:innen einfangen. Inmitten der rauen Natur dokumentierte er die Härte des Krieges ebenso wie die Wärme des Zusammenlebens. Er hielt Abschiede fest, Tränen und Lachen, die stillen Momente am Lagerfeuer und den Klang von Liedern, die durch die Täler hallten.

Seine Fotos sprach er mit dem Herzen – er dokumentierte nicht nur Gesichter, sondern auch Erinnerungen, Überzeugungen und Träume. Viele dieser Geschichten fanden ihren Weg in seine Filme. Auch als Autor und Dichter verband er Ideologie, Ästhetik und Emotionen zu einer eigenständigen Literatur des Guerillalebens. Damit wurde er zu einer der einflussreichsten Stimmen der kurdischen Freiheitsbewegung.

Ein Kino der Berge

Halil Uysal liebte die Berge – ihre Felsen, Schluchten, Gipfel und verborgenen Geschichten. Er wanderte durch unzugängliches Gelände auf der Suche nach Momenten, die sonst im Schatten geblieben wären. Ob im Kampf, im Alltag, im Tanz oder im Gesang: Halil war immer präsent. So schuf er – jenseits aller Widrigkeiten – das, was man als „Kino der Berge“ bezeichnen kann. Ein Kino, das die Geschichte der Kurd:innen aus ihrer eigenen Perspektive erzählt – nicht als „Objekte“ fremder Erzählungen, sondern als handelnde Subjekte ihrer eigenen Geschichte.

Seine Werke erzählen vom Heldentum, von Schönheit und vom Streben nach Freiheit. Es ist das Kino der neuen, freien Kurd:innen – Menschen, die sich nicht länger unterordnen, sondern aufrecht stehen.

Ein Genosse der Frauen im Dienste der Freiheit

Ein zentrales Thema seiner Arbeit war die Rolle der Frau in der kurdischen Befreiungsbewegung. In seinen Texten und Filmen gab Halil Uysal der freien kurdischen Frau und der Frauenbefreiungsideologie bewusst Raum. Er sagte:

„Die kurdische Frau muss mit ihrem eigenen Blick in die Welt des Films eintreten können. Ihre großen, schönen Augen – ihre Sicht auf Mensch und Welt – können dem kurdischen Kino eine Richtung geben.“

Ein Leben für den Traum vom freien Menschen

Halil Uysal war leidenschaftlicher Verfechter eines freien Lebens. Seine Liebe zur Guerilla und zu Abdullah Öcalan war tief verwurzelt. Immer wieder bezog er sich auf seine persönlichen Begegnungen mit dem kurdischen Vordenker – erfüllt von dem Wunsch, dessen Vision gerecht zu werden. Sein gesamtes Schaffen war von einer apoistischen Haltung geprägt, mit der er bis zuletzt die Idee des freien Menschen verkörperte.

Sein letztes Filmprojekt trug den Titel „Die Reisenden des Ararat“. Gemeinsam mit einer Guerillagruppe machte er sich auf den Weg in den Norden, auf den Spuren der mythischen Berge. Wie immer wollte er weiter hinauf – immer höher.

Ein Vermächtnis, das bleibt

Halil Uysals Reise ist nicht zu Ende. Seine Weggefährt:innen, seine Zuschauer:innen und alle, die sein Werk berührt hat, tragen seinen Traum weiter. Mit der Liebe zum Leben, der Kraft der Kameradschaft und dem Streben nach Freiheit setzen sie seinen Weg fort – bis ein freies Leben mit Abdullah Öcalan Wirklichkeit wird.

Halil Uysal ist unvergessen. Er ist unsterblich.

Über Halil Uysal

Halil Uysal wurde 1973 als Sohn eines türkischen Vaters und einer kurdischen Mutter in Deutschland geboren. Als er die Grundschule beendete, ging die Familie wieder in die Türkei. Nach dem Abitur an einer privaten Schule in der westtürkischen Metropole Izmir kehrte er Anfang der 1990er Jahre zurück nach Deutschland. Er gehörte zu den Mitbegründern des ersten kurdischen Fernsehsenders MED TV, der 1994 mit der Ausstrahlung begann. Hier sammelte er auch erste Erfahrungen als Kameramann. Während eines als kurzer Besuch geplanten Aufenthalts in Syriens Hauptstadt Damaskus für Dreharbeiten in der Parteischule der PKK im Jahr 1995 beeindruckte ihn der kurdische Befreiungskampf so sehr, dass er beschloss, dort zu bleiben und sich der Guerilla anzuschließen.

In der ersten Zeit in den Bergen arbeitete Halil Uysal als Fotograf. Darüber hinaus wurde er aktives Mitglied der freien kurdischen Presse und berichtete für verschiedene Nachrichtenagenturen vom Krieg. 1997 filmte er beispielsweise den Abschuss eines türkischen Militärhubschraubers durch eine Flugabwehrrakete der Guerilla – die Szene bildete damals den medialen Höhepunkt im laufenden Kampfjahr der PKK und sorgte rund um den Globus für ein breites Echo.

Nach der Ausreise Abdullah Öcalans aus Syrien 1998 musste sich auch die kurdische Bewegung den neuen Umständen anpassen. Kurz nachdem die PKK ihr Hauptquartier in die südkurdischen Qendîl-Berge verlagert hatte, wurde hier die Kunst- und Kulturakademie Dibistana Şehîd Sefkan gegründet. Halil Uysal war vom ersten Moment an dabei. Kurze Zeit später begann er erste Kurzfilme zu drehen. 2006 drehte er den 150-Minuten-Film Bêrîtan, der die Geschichte der legendären Guerillakommandantin Gülnaz Karataş erzählt. Für sein letztes Projekt Die Reisenden zum Berg Ararat hielt er sich seit 2007 in Nordkurdistan auf. Bis zum Ararat wollte er eine Guerillaeinheit mit seiner Kamera begleiten. Auf dem Weg dorthin kam er in Botan ums Leben.

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