Kunst- und Kulturverein Sara
Am Sonntag war es endlich soweit. Nach sechs Jahren akribischer Feinarbeit unter Bündelung vieler Kräfte wurde im österreichischen Götzis ein neuer Verein aus der Taufe gehoben: der Kunst- und Kulturverein Sara. Ziel und Zweck ist es, im Sinne der Völkerverständigung und mit diversen Projekten das Interesse für und die Kenntnis über die Kurdinnen und Kurden sowie ihre Geschichte zu fördern – und das Andenken an die Namensgeberin und ihr Werk am Leben zu halten. Sara war der Nom de Guerre der kurdischen Revolutionärin Sakine Cansız, die 2013 von einem Attentäter des türkischen Staates in Paris ermordet wurde. Mit ihr zusammen starben auch ihre Weggefährtinnen Fidan Doğan und Leyla Şaylemez.
Zur Vereinseröffnung kamen hunderte Menschen nach Götzis, eine Gemeinde in Vorarlberg. Neben Mitgliedern der lokalen kurdischen Community und ihren Unterstützenden waren auch viele Menschen aus umliegenden Gegenden gekommen, um mit Getränken, kulinarischen Spezialitäten und toller Live-Musik die Gründung des neuen Gesellschaftszentrums zu zelebrieren. Unter ihnen waren auch Zübeyde Zümrüt, die Ko-Vorsitzende des Dachverbands kurdischer Vereine in Europa (KCDK-E) ist, sowie die aus Ahmet Zirek und Özgür Maraş bestehende Spitze von Civaka Azad Österreich.
Bei den Eröffnungsreden und Grußworten kam viel Dank zur Sprache, der allen galt, die sich tatkräftig an der Gründung des neuen Kulturvereins in Götzis beteiligten. Besonders betont wurde das Ziel, die kurdisch-österreichischen Beziehungen auf persönlicher Ebene dahingehend vertiefen zu wollen, dass Barrieren zwischen Kulturen abgebaut und kulturelle sowie gesellschaftliche Bindungen verfestigt werden. Das musikalische Bühnenprogramm übernahmen anschließend der Sänger Seyda Perinçek und die Band Grup Newa. Belebt durch die gute Stimmung wurde natürlich auch getanzt, was das Zeug hält, bevor man sich vorerst verabschiedete.
Wer war Sakine Cansız?
Sakine Cansız kam im Winter 1958 in einem Dorf in Dersim als Kind einer kurdisch-alevitischen Familie zur Welt und schloss sich der kurdischen Befreiungsbewegung in einer Zeit an, als diese sich gerade erst formierte. Sie nahm am PKK-Gründungskongress im Jahr 1978 teil und gehörte zu den fünf noch lebenden Gründungsmitgliedern. Bis zur ihrer Verhaftung 1979 arbeitete sie in Nordkurdistan und der Türkei daran, eine Frauenbewegung aufzubauen. Im berüchtigten Foltergefängnis Diyarbakır (ku. Amed) spuckte sie dem verantwortlichen Militärkommandanten Esat Oktay Yıldıran ins Gesicht und wurde durch ihren Widerstand zur lebenden Legende. Sie war auch die erste Frau im kurdischen Befreiungskampf, die eine politische Verteidigung vor Gericht vorlegte. Nach zwölf Jahren Haft setzte sie ihren Kampf in verschiedenen Bereichen fort. 1995 nahm sie am ersten kurdischen Frauenkongress teil, der Grundlage für die Bildung einer Frauenpartei war. Sie war auch dabei, als die ersten Frauenguerillaeinheiten gebildet wurden. In ihrem über dreißigjährigem Kampf war sie Guerillakommandantin, Frauenrechtlerin, Lehrerin im Flüchtlingslager Mexmûr, Führungskraft der PKK, Lehrende an Akademien und eine Diplomatin, die sich dafür einsetzte, den kurdischen Befreiungskampf auf der ganzen Welt bekannt zu machen. Aber alle, die sie kannten, definierten sie vor allem als eine Genossin und Weggefährtin. Gleichzeitig war sie das lebende Gedächtnis des kurdischen und Frauenbefreiungskampfes. Ihre Biografie „Mein ganzes Leben war ein Kampf“ wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.