Kunstperformance von Zehra Doğan in Wiesbadener Innenstadt

Im Rahmen ihrer ersten Einzelausstellung hält sich die kurdische Journalistin und Künstlerin Zehra Doğan momentan in Wiesbaden auf. Dort zog sie mit ihrer Kunstperformance „Weiße Fahne“ durch die Innenstadt.

Die kurdische Journalistin und Künstlerin Zehra Doğan hat in Wiesbaden für Frieden und Freiheit protestiert. Barfuß und nur mit einem weißen Kleid bekleidet lief die 30-Jährige am Donnerstag zur Feierabendzeit durch die Innenstadt und schwenkte dabei eine weiße Fahne. So lautet auch der Titel ihrer Kunstperformance, die sie vor dem Rathaus hinlegte. Doğan hatte auf dem Wappenmosaik eine weiße Fahne ausgebreitet und zeichnete darauf mit einem Edding drei gekrümmt liegende Frauenkörper. Als Schablone nutzte sie ihren eigenen. Auf die Umrisse notierte sie anschließend eine lange Liste von Namen. Jeder dieser Namen stand für eine der Frauen, die zwischen den Jahren 2015 und 2016 während der Belagerung der nordkurdischen Stadt Nisêbîn (Nusaybin) von türkischen Militärs ermordet wurden.

Zu ihrer Performance erklärte Doğan: „Diese Fahne ist die Fahne des Widerstands. Die Panzer, die uns in Nisêbîn töteten, stammen alle aus deutscher Produktion. Der deutsche Staat ist mitschuldig an den Massakern und steht gleichermaßen in der Verantwortung. Diese Fahne in meiner Hand weht somit auch für Deutschland. Die Öffentlichkeit dieses Landes darf nicht schweigen.“ Danach gedachte die Künstlerin den Todesopfern des rassistischen Anschlags von Hanau.

Gesprächsrunde zur Lage in der Türkei

Am Abend ging es dann im Nassauischen Kunstverein mit einer musikalischen Darbietung der kurdischen Sänger Cemil Qoçgirî und Mikail Aslan und einer anschließend Gesprächsrunde zur Lage in der Türkei weiter. Neben Doğan beteiligten sich daran unter anderem die künstlerische Leiterin des Vereins Elke Gruhn und Knud Zilian, erster Vorsitzender des DJV-Hessen (Deutscher Journalistenverband). Der Verband hatte der kurdischen Journalistin am 3. Mai 2018, am Internationalen Tag der Pressefreiheit, seine „Feder für die Pressefreiheit“ verliehen. Damals saß Doğan noch in Amed (Diyarbakir) in Haft. Dort sind auch einige ihrer Werke – heimlich, aus Essensresten und Menstruationsblut auf Kartons und Bettlaken - entstanden, die noch bis zum 8. März im Nassauischen Kunstverein gezeigt werden. Während die Gruppenausstellung „Der Zeit ihre Kunst“ internationale Künstler*innen vorstellt, die sich gegen neue Zumutungen in ihren Ländern stemmen und ihrerseits provozieren, ist unter dem zweiten Teil der Wiener Maxime „Der Kunst ihre Freiheit“ die erste Einzelausstellung in Deutschland von Zehra Doğan mit einer umfangreichen Auswahl an Arbeiten aus zwei Schaffensperioden zu sehen.

Wer ist Zehra Doğan?

Zehra Doğan gehört zu den Gründerinnen der Frauennachrichtenagentur JINHA. Mit ihren Gemälden und Zeichnungen tritt sie für Presse- und Meinungsfreiheit ein und thematisiert die politischen Verhältnisse in der Türkei sowie das Leben von Frauen. Weltweit bekannt wurde Zehra Doğan durch ein riesiges Wandbild, mit dem der britische Street-Art-Künstler Banksy in New York gegen ihre Inhaftierung protestierte. Das etwa 20 Meter breite Kunstwerk zeigte stellvertretend für die Tage ihrer Haftstrafe eine Strichliste, die an einer Stelle zugleich ein Gefängnisgitter darstellen. Über dem Graffiti ist eine fast gleich große Reproduktion des Gemäldes der Stadt Nisêbîn von Zehra Doğan installiert, für welches sie ins Gefängnis kam.