Grabbesuch bei kurdischem Dichter Cegerxwîn

An seinem Grab in Qamişlo ist des kurdischen Poeten und Schriftstellers Cegerxwîn gedacht worden. Anlass war der 39. Todestag des bedeutenden „Dichters der Freiheit“.

An seinem Grab in Qamişlo ist des kurdischen Poeten und Schriftstellers Cegerxwîn gedacht worden. Anlass war der 39. Todestag des bedeutenden „Dichters der Freiheit“, der am 22. Oktober 1984 in Stockholm im Alter von 81 Jahren starb. Begraben wurde er im Garten seines Hauses im Xerbî-Viertel in Qamişlo, wo er den größten Teil seines Lebens verbracht hatte.

Für das Gedenken an Cegerxwîn kamen an seiner Grabstätte viele Intellektuelle und Menschen aus dem Bereich der kurdischen Literatur und Kulturwissenschaft zusammen. Vertreten waren auch zahlreiche Verbände und Einrichtungen, wie etwa die Union der kurdischen Schriftsteller in Syrien, die Bewegung für demokratische Kultur und Kunst (Tev-Çand), aber auch das Kulturressort der Autonomieverwaltung, politische Parteien und der Frauenrat Nord- und Ostsyriens.

Die Zusammenkunft begann mit einer Schweigeminute, anschließend richtete Xalis Mesor im Namen des Verbands kultureller Einrichtungen in der Cizîrê-Region einige Worte an die Anwesenden. „Cegerxwîn war der leuchtende Stern am Literaturhimmel Kurdistans. Ein Dichter mit einem unsteten Herz, das für sein Volk klopfte. Sein Schein wird niemals verblassen, sondern stets in unsere Herzen strahlen“, sagte Mesor.


Behrîn Osê, Vorsitzende der Union der kurdischen Schriftsteller:innen in Syrien, verlas einen Brief von den Angehörigen Cegerxwîns. Darin bedankte sich die Familie für die tiefe Verbundenheit und Wertschätzung, die die kurdische Gesellschaft dem Dichter seit Jahrzehnten entgegenbringe, und für das würdevolle Gedenken an seinem Grab. „Es ist uns eine Ehre, uns in dieser schwierigen Zeit, die das kurdische Volk und die ganze Welt durchlebt, um den Dichter Cegerxwîn zu versammeln, gemeinsam zu gedenken und zu trauern“, hieß es in der Botschaft. Betont wurde außerdem, dass das Hauptanliegen des Dichters Cegerxwîn darin bestanden habe, auf eine kurdische Einheit hinzuarbeiten. Dies sei auch das Ziel seiner Angehörigen und Hinterbliebenen. „Wir betrachten es als Verantwortung aller, sich für die nationale Einheit einzusetzen. Eine wesentliche Rolle kommt dem Bereich der Kultur und Literatur zu.“


Ebdulmecîd Xelef, Mitglied des Kulturausschusses der Cizîrê-Region, sprach sich dafür aus, dass die Werke von Dichtern wie Cegerxwîn als Stoff in die Lehrpläne von Schulen und Universitäten aufgenommen werden sollten, um den Verfassenden einerseits ein würdevolles Gedenken zu verleihen und andererseits eine Wiederbelegung der Lyrik des kurdischen Widerstands zu forcieren. „Dieses national wertvolle kulturelle Erbe soll für künftige Generationen bewahrt werden“, betonte Xelef. Nach weiteren Reden wurden Blumen am Grab von Cegerxwîn niedergelegt.

Über den Dichter Cegerxwîn

Cegerxwîn, mit bürgerlichem Namen Şehmus Hasan (ku. Şêxmûs Hesen), wurde 1903 im Dorf Hesarê (Hisar) in Nordkurdistan geboren – daher auch sein Beiname Hesarî. Damals gehörte der Ort zu Mêrdîn (tr. Mardin), heute ist das Dorf eine Gemeinde von Êlih (Batman). Nach dem Tod der Eltern lebte er bei seiner älteren Schwester und wanderte als Elfjähriger nach Rojava aus, wo er in Qamislo lebte und zunächst bei Bauern, später auch bei der staatlichen Eisenbahngesellschaft seinen Lebensunterhalt verdiente. Mit 18 Jahren nahm er ein Theologie-Studium auf und wurde Dorfgeistlicher. Während seines Studiums bereiste er viele Teile Kurdistans und lernte so die Situation des kurdischen Volkes kennen. Der vom türkischen Staat blutig niedergeschlagene Aufstand des Şêx Seîdê Pîran 1925 und die überall herrschende Unterdrückung seines Volkes weckten den Patriotismus in ihm und er nannte sich fortan „Cegerxwîn“ (Aus Leid blutendes Inneres).


Seit 1924 schrieb Cegerxwîn Gedichte, die sehr bald politisch wurden. Er griff die Feudalherren ebenso an wie die Vertreter der religiösen Aristokratie, weil sie die Aufklärung der Gesellschaft verhinderten und deshalb für die Unterdrückung des kurdischen Volkes verantwortlich waren. Seine politischen Aktivitäten verstärkten sich und 1946 wurde er Vorsitzender der „Civata Azadî û Yekîtiya Kurd“. Zwei Jahre später trat er der Kommunistischen Partei Syriens bei und kandidierte 1954 für das syrische Parlament. Nach seinem Parteiaustritt 1957 gründete er die Organisation „Azadî“, die später mit der Demokratischen Partei Kurdistans-Syrien (PDK-S) zusammengelegt wurde.

Cegerxwîn wurde vom syrischen Regime mehrmals verhaftet und gefoltert. Trotzdem setzte er sich weiterhin für den kurdischen Freiheitskampf ein. 1969 verließ er Syrien und richtete an der Universität von Bagdad einen Lehrstuhl für Nordkurdisch ein, zudem war er für das kurdische Kulturprogramm bei Radio Bagdad verantwortlich. Zu dieser Zeit beteiligte er sich auch an den sogenannten Barzanî-Revolten. 1973 wanderte Cegerxwîn in den Libanon aus und ging 1979 nach Schweden ins Exil, wo er am 22. Oktober 1984 in Stockholm starb. Sein großes Werk umfasst acht Bände mit Gedichten, ein Wörterbuch der kurdischen Sprache, geschichtliche Werke und Bücher über die kurdische Folklore.

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