Grundrecht auf Kommunikation verweigert
Das Bolu-Gefängnis Typ F, das häufig wegen der Verletzung von Gefangenenrechten im Rampenlicht steht, ist erneut ins Visier der Öffentlichkeit geraten, nachdem bekannt wurde, dass das Recht des politischen Gefangenen Ihsan Balkaş auf Kommunikation willkürlich eingeschränkt wurde. Von Balkaş in seiner Muttersprache Kurdisch verfasste Briefe wurden von der Gefängnisverwaltung mit der Begründung nicht abgeschickt, dass sie „nicht verstanden“ würden. Außerdem verlangte die Verwaltung, dass er für die Übersetzung der Briefe bezahlt.
Gefangene sollen für die Übersetzung von Briefen zahlen
Berivan Barin, eine Anwältin der Vereinigung freiheitlicher Jurist:innen (ÖHD), die sich mit Ihsan Balkaş traf, erklärte, dass diese Situation eine Verletzung des Rechts auf Kommunikation und des Gleichheitsgrundsatzes darstelle und betonte, dies sei zu einem Mechanismus der Zensur geworden: „Das macht es den Gefangenen praktisch unmöglich, auf Kurdisch zu kommunizieren. Den Gefangenen, die sich die Kosten nicht leisten können, wird ihr Recht auf Kommunikation vollständig genommen.“ Sie fügte hinzu, dass die staatliche Autorität zur Überwachung der Kommunikation zu einem Zensurmechanismus geworden ist.
Gericht wies Einwände als „administrative Ermessensentscheidung“ zurück
Gefangene daran zu hindern, in ihrer Muttersprache zu schreiben, sei laut der Anwältin eine entwürdigende Behandlung. Es gelte in diesem Fall also nicht nur, das Recht auf Kommunikation zu schützen, sondern die Menschenwürde selbst.
Rechte sind keine Privilegien
„Das Recht auf Kommunikation ist kein Privileg, es ist ein Grundrecht. Die Auferlegung einer ‚Übersetzungspflicht‘ für kurdische Faxe oder Briefe durch die Verwaltung ist ein Verstoß gegen das Recht auf Privatsphäre und Vertraulichkeit der Kommunikation, das durch Artikel 20 der Verfassung garantiert wird. Diese Praxis ist Teil eines Systems der systematischen Diskriminierung kurdischer Gefangener geworden, das von politischen Motiven angetrieben wird“, führt Barin aus.
Antrag bei Verfassungsgericht
Balkaş, dessen Briefe nicht zugestellt wurden, legte vor Gericht Einspruch gegen diese Rechtsverletzungen ein. Das erste Hohe Strafgericht von Bolu, welches den Einspruch prüfte, lehnte jedoch alle Anträge im Zusammenhang mit diesen Rechtsverletzungen ab und bezeichnete die willkürlichen Praktiken als „im Ermessen der Verwaltung liegend“.
Nach dieser Entscheidung erklärten die Anwält:innen, dass ein individueller Antrag beim Verfassungsgericht eingereicht wurde.