Efrîn: Schwangere nach Folter in MIT-Zentrale verblutet

Im besetzten Efrîn ist eine schwangere Kurdin nach erlittener Folter im Hauptquartier des türkischen Geheimdienstes verblutet. Ihr Ehemann ist verschwunden.

Im besetzten Efrîn ist eine schwangere Kurdin nach erlittener Folter im Hauptquartier des türkischen Geheimdienstes MIT verblutet. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Rêxistina Mafên Mirovan li Efrînê handelt es sich bei der Frau um die 32 Jahre alte Nemat Bahjat Sheikho. Sie soll am vergangenen Montag (11. Oktober) während eines Kontrolltermins bei ihrem Arzt in der Klinik Qanbar im Stadtzentrum Efrîns von der sogenannten „Zivilpolizei“ festgenommen und an den MIT überstellt worden sein. Auch ihr Ehemann, der 36-jährige Khalil Naasan, sowie zwei Verwandte, wurden demnach festgenommen.

Die Gruppe wurde den Angaben nach beschuldigt, in einen Anschlag früher am Tag in Efrîn verwickelt gewesen zu sein. Der Autobombenanschlag mit mindestens zehn Toten und sechzehn Verletzten richtete sich gegen den Stützpunkt der Besatzungsmiliz „Jaish al-Islam”, die sich an der Verkehrskreisel Kawa befindet. In der Nähe liegt auch die ehemalige Sekundarschule Amir al-Ghubari, die seit der Besatzung von Efrîn durch die Türkei als Hauptquartier des MIT genutzt wird.

Über sechs Stunden habe die Tortur von Nemat Bahjat Sheikho angedauert, zitiert Rêxistina Mafên Mirovan li Efrînê mehrere Quellen. „Sie wurde brutal in die Mangel genommen, misshandelt und gefoltert. Als die im sechsten Monat schwangere Frau eine Fehlgeburt erlitt, wurde sie in das nahegelegene Qanbar-Krankenhaus gebracht. Dort ist sie verblutet“, heißt es im Bericht der Organisation. Das Aktivistennetzwerk Afrin (AAN) berichtete inzwischen ebenfalls von dem Fall. Die Angaben sind übereinstimmend. Der Mann von Nemat Bahjat Sheikho ist seit seiner Festnahme verschwunden.

Autobombe mit Kennzeichen aus Idlib

Mittlerweile aufgetauchte Bilder zeigen, dass das für den Anschlag vom Montag zur Autobombe umfunktionierte Fahrzeug ein Kennzeichen aus Idlib trug. Die Provinz im Nordwesten von Syrien wird vom Al-Qaida-Sprössling HTS (Haiat Tahrir Al-Scham) besetzt. Bei HTS handelt es sich um einen 2017 erfolgten Zusammenschluss verschiedener Gruppierungen islamistischer Ausrichtung in Syrien, darunter der syrische Al-Qaida-Ableger Nusra, der sich seit 2016 Fateh-al-Scham-Front nennt. Die Türkei betrachtet das Dschihadisenbündnis offiziell als Terrororganisation, führt aber enge Beziehungen. Aktuell steckt die Führung in Ankara aufgrund von Zusagen an Russland, HTS in Idlib zu bekämpfen, in einem Dilemma. Es lässt sich daher vermuten, dass der Anschlag in Efrîn möglicherweise auf das Konto des Dschihadistenbündnisses geht.