Qers wird dem kulturellen Genozid überlassen

Die historischen Häuser in der Stadt Qers drohen zu verschwinden. Die AKP-MHP lässt sie abreißen. Weitere historische Stätten werden ebenfalls ihrem Schicksal überlassen.

Die Wurzeln der Stadt Qers (Kars) in der Nähe der türkisch-armenischen Grenze reichen bis zu 5.000 Jahre in die Vergangenheit. In der Geschichte haben viele verschiedene Zivilisationen Qers zu ihrer Heimat gemacht. Es heißt, die glänzendste Periode habe Qers in der Zeit der Urartäer vor etwa 3.000 Jahren erlebt. In Qers lassen sich noch heute die Spuren der Urartäer, der Meder, der Armenier und der Russen wiederfinden. Manche Häuser, denen man in Qers heute noch begegnen kann, sind vor Jahrhunderten errichtet worden. Aber diese Strukturen und Häuser sind von einer staatlichen Politik der Plünderung und Zerstörung bedroht. Bereits jetzt sind dieser Politik unzählige historische Stätten zum Opfer gefallen. Dennoch sind immer noch Spuren der reichen Geschichte der Region zu finden.

Viele Jahre der Herrschaft der AKP und der MHP in der Stadt haben dazu geführt, dass sich die Kultur in der Stadt heute in einem bedauernswerten Zustand befindet. In Qers sind zwar fast in jeder Straße noch historische Gebäude zu finden. Doch die meisten sind dem Verfall preisgegeben, einige sogar bereits abgerissen worden. Obwohl jedes von ihnen hunderte Jahre von Geschichte hat, kümmert sich niemand um diese Häuser. Kein einziges dieser Gebäude im Stadtzentrum wurde restauriert. Nicht nur, dass ihre Restaurierung verhindert wurde, die Stadtverwaltungen der AKP und MHP haben  sogar gezielt versucht, die Spuren der verschiedenen Zivilisationen, insbesondere der Kurd*innen und der Armenier*innen in der Region auszulöschen. Daher ist der größte Teil der historischen Bauwerke zerstört oder verfallen, während ein Teil der noch erhaltenen Gebäude zweckentfremdet entweder von staatlichen Einrichtungen oder als Geschäftsflächen und Werkstätten genutzt werden.

„Die Stadt der 1001 Kirchen“ verfällt

Die besondere Eigenschaft der historischen Architektur in Qers sind die ein- bis dreistöckigen Gebäude im Barockstil. An den Säulen außen an den Gebäuden befinden sich Barockverzierungen. Die Innenräume verfügen über lange Flure und große Räume.

In der Nähe von Qers liegen außerdem die Ruinen der „Stadt der 1001 Kirchen“, des armenischen Zentrums Ani. Es handelte sich hierbei um ein wichtiges Handels- und Machtzentrum zur Zeit der armenischen Könige. Ani war die Hauptstadt des armenischen Reiches. Sie überstand Krieg, Unterdrückung und Zerstörung, wurde aber nach einem Erdbeben vor etwa 600 Jahren verlassen. Die als UNESCO-Weltkulturerbe gelistete Ruinenstadt verfällt von Tag zu Tag weiter.

Das Jagdschloss, errichtet vom russischen Zar Nikolaus II., wird heute als Tierstall missbraucht. Die neolithischen Malereien in Kaxizman (Kağızman) bleiben ebenso ihrem Schicksal überlassen wie die vielen Kirchenruinen im Kreis Dîxor (Digor), die dort im Mittelalter errichtet worden waren.