Entschlossener Protest und Solidarität
Heute morgen startete in Celle der Gerichtsprozess gegen Daniela Klette. Nach Jahrzehnten im Untergrund wurde Klette, der die Mitgliedschaft in der 1998 aufgelösten Roten Armee Fraktion (RAF) unterstellt wird, im Februar 2024 in Berlin festgenommen. Im aktuellen Prozess werden ihr die Beteiligung an dreizehn Raubüberfällen, unerlaubter Waffenbesitz sowie versuchter Mord vorgeworfen. Die Beschuldigte wehrt sich entschieden gegen den Vorwurf der Tötungsabsicht. Rund 70 Menschen sind aktuell vor dem Oberlandesgericht Celle versammelt, um ihre Solidarität mit der politischen Gefangenen zum Ausdruck zu bringen. Wie Monika vom Solikreis Daniela Klette angab, konnte von ihnen keine Person einen Platz im Gerichtssaal bekommen, um der Verhandlung beizuwohnen, da deren Anzahl für die Öffentlichkeit extrem beschränkt sei. Im weiteren Verlauf des heutigen Tages werde eine Erklärung der Angeklagten erwartet, in der sie sich vor allem politisch äußern wolle.
„Liebe und Kraft in Untergrund und Haft“
Von München und Stuttgart bis Hamburg und Schleswig-Holstein, aus dem gesamten Bundesgebiet sind solidarische Menschen zu der Kundgebung vor dem OLG Celle angereist. Auffällig ist auch, dass der Protest generationsübergreifend ist. Vereint sind immer wieder Parolen zu hören, die die Freiheit von Daniela Klette und allen politischen Gefangenen fordern und die internationale Solidarität hervorheben. Dies spiegelte sich auch in den Redebeiträgen wider: Sowohl die seit einiger Zeit enorm starke Repression gegen Linke in Deutschland, aktuell insbesondere gegen Antifaschist:innen und gegen Unterstützer:innen der kurdischen Freiheitsbewegung sowie auch die Haftbedingungen in türkischen Gefängnissen, hierbei insbesondere in den neuen Y-Typ-Isolationsgefängnissen, fanden immer wieder Erwähnung, und es wurde ein Grußwort des in Griechenland politischen Inhaftierten Dimitris Chatzivasileiadis verlesen, welches dieser zuvor eigens für den Prozessauftakt geschickt hat. In seinen abschließenden Worten hieß es: „Das wichtigste politische Vermächtnis der deutschen revolutionären Bewegung ist der strategische und natürliche Internationalismus. Burkhard versteckt sich bis heute nicht, er singt für den blutüberströmten Körper Palästinas, für Kurdistan, für das multi-ethnische Proletariat der Erde. Das wohlbekannte alte Europa der kolonialen Kriege, des Nationalismus und Imperialismus will über Daniela richten. Lasst die Vampire wissen, dass unsere Leute nicht für ihre Zähne zu haben sind.“
„Unzureichende Möglichkeit zur solidarischen Beobachtung“
Klette ist vor dem Landgericht Verden angeklagt. Die Verhandlung wird jedoch zunächst in einem Sicherheitssaal des OLG Celle geführt, da in Verden die Anforderungen an Sicherheit und Platz aktuell nicht erfüllt werden könnten. Monika vom Solikreis Daniela Klette, welcher auch die Kundgebung organisierte, gab indes gegenüber ANF an, dass auch in Celle lediglich zehn Publikumsplätze zur Verfügung gestanden hätten, die bereits um 7 Uhr morgens und somit drei Stunden vor Prozessbeginn, belegt gewesen seien. Viele bei der Kundgebung Anwesende kritisieren die hierdurch unzureichende Möglichkeit, den Prozess solidarisch zu begleiten und beobachten, scharf.
Anklagepunkte
Daniela Klette wurde im Februar letzten Jahres in einer spektakulären Inszenierung in Berlin festgenommen, nachdem sie mehr als 30 Jahre untergetaucht war. Seither ist sie in der Justizvollzugsanstalt Vechta in Untersuchungshaft. Ihr wird in der Anklage insbesondere die Beteiligung an dreizehn Überfällen auf Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zwischen 1999 und 2016 vorgeworfen. Diese soll sie mit Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg gemeinsam durchgeführt haben. Auch Staub und Garweg werden der RAF zugeordnet, sie leben nach wie vor im Untergrund.
Konstruierter Vorwurf
Die Staatsanwaltschaft Verden ermittele bereits seit Jahren gegen die heute 66-Jährige. Laut Gericht umfasse allein die Anklage mehr als 600 Seiten. Da bei einigen der Taten Schusswaffen zum Einsatz gekommen seien, lautet ein Vorwurf der Staatsanwaltschaft auf versuchten Mord. Daniela Klette wehrt sich vehement gegen eine Darstellung, die ihr Tötungsabsichten unterstellt. Ihre Anwält:innen betrachten den Vorwurf als konstruiert und haltlos und selbst das OLG erklärte kürzlich öffentlich, diesen Vorwurf für unwahrscheinlich zu halten.
RAF-Aktionen
Neben dem jetzigen Prozess droht Daniela Klette auch ein gesondertes Verfahren wegen Aktionen der RAF. Die mutmaßliche Mitgliedschaft ist zwar verjährt, doch die Bundesanwaltschaft wirft ihr die Beteiligung an einer versuchten Sprengstoffexplosion auf das damalige Großrechenzentrum der Deutschen Bank in Frankfurt am Main (1990), den Beschuss der US-Botschaft in Bad Godesberg (1991) und die erfolgreiche Sprengung der damals neu gebauten Justizvollzugsanstalt Weiterstadt (1993) vor. In den Erklärungen für alle drei Aktionen wurde sich seitens der RAF derzeit auf imperialistische Kriege und Ausbeutung sowie deren Profiteure, und auf die Haftbedingungen politischer Gefangener international bezogen.